Essay & Reportage im
www. LeineBlick.de
- im November 2001 -

Thema:
- Berichte aus Afghanistan I -
- ab 18.10.2001 -
Inhalt dieser Seite:

Berichte aus Afghanistan
OFARIN: Moscheeschulen für Jungen und Mädchen
Spendenkonto von OFARIN
Berichte:
18.10.2001
22.10.2001
2910.2001
1.11.2001
5.11.2001
9.11.2001
12.11.2001
Frauen dürfen wieder berufstätig sein,
Männer scheren sich die Bärte
14.11.2001
Geldbasar geplündert
Osama bin Laden hat in Afghanistan keinen Rückhalt für einen Guerillakrieg
19.11.2001
Die weitere Entwicklung in Afghanistan gibt Anlass zur Sorge
22.11.2001
Die Spannungen in Kabul steigen
26.11.2001
Raub der beiden OFARIN-Fahrzeuge noch einmal abgewendet

'Innerafghanische Lösung' unter dem 'Dach' der UNO



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Im Blickpunkt: Stammzellenforschung

Afghanistan:
Anmerkungen zur Krise nach dem Anschlag auf das World Trade Centre
A view from Afghanistan
Afghanische Perspektive



Bundesregierung unterstützt 5-Punkte-Plan:
'Innerafghanische Lösung' unter dem 'Dach' der UNO

Berlin, 14.10.2001, bpa - Auf der Sitzung des UN- Sicherheitsrates am 13. November 2001 in New York hat der Afghanistan- Beauftragte der Vereinten Nationen, Lakhdar Brahimi, einen Fünf-Punkte-Plan für die politische Zukunft Afghanistans vorgelegt. Er sieht vor, dass unter dem Dach der Vereinten Nationen alle ethnischen Gruppen des Landes sowie die internationale Gemeinschaft möglichst schnell zu einer Konferenz zusammenkommen, um über das weitere politische Vorgehen in Afghanistan zu beschließen.

Im Anschluss daran müssten, so der Brahimi-Plan weiter, eine Übergangsverwaltung unter einer von allen Seiten akzeptierten Persönlichkeit eingesetzt und der Aufbau von Sicherheitsstrukturen durch afghanische Kräfte eingeleitet werden, die den Prozess des Übergangs zu einer neuen Regierung im Zeitraum von etwa zwei Jahren begleiten sollen.

Außerdem soll in zwei aufeinanderfolgenden Loya Jirga (große Ratsversammlung aller afghanischen Stämme) eine Verfassung erarbeitet und dann beschlossen werden.

Die Bundesregierung unterstützt diesen Plan. Bundesaußenminister Joschka Fischer sagte am 14. November in Berlin in der Regierungspressekonferenz, vordringlich sei jetzt die rasche Entwicklung einer Übergangsregierung in Kabul und die humanitäre Versorgung der afghanischen Bevölkerung. Die Vereinten Nationen spielten jetzt die zentrale Rolle bei der Gestaltung des politischen Übergangs- Prozesses. Darüber herrsche in der Staatengemeinschaft große Übereinstimmung, sagte Fischer unter Bezug auf seine vorangegangene Reise zur Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York. Der Minister betonte, dass es von zentraler Bedeutung sei, dass eine innerafghanische Lösung stattfindet.

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Die andere Perspektive:
Berichte aus Afghanistan
- von Peter Schwittek -
Peter SchwittekNachdem Peter Schwittek dem LeineBlick bereits im September seine Anmerkungen zur Krise nach dem Anschlag auf das World Trade Centre zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt hat, sind nun weitere Berichte von ihm eingetroffen: In der begleitenden eMail an den LeineBlick heißt es u.a.:

"Ich habe nämlich immer noch regelmäßige Kontakte zu unserem Büro in Kabul... 
In der Stadt geht es überraschend normal zu. Anfangs fürchtete man sich vor dem Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung mehr als vor den Bomben. Die Ordnung brach dann nicht zusammen. Unser Büro arbeitet weiter und die Schulen auch. Allerdings sind nicht alle Kinder da, denn ein Teil der Familien ging weg. Die Basare sind belebt wie eh und je. Auch der Transport von Medikamenten und Lebensmitteln von Pakistan nach Afghanistan, ist bis jetzt kein Problem."

Peter Schwittek ist zur Zeit für OFARIN (Organisation zur Förderung Afghanischer Regionaler Initiativen und Nachbarschaftshilfen e.V.) tätig. Die Mitglieder dieser Organisation sind mit den Verhältnissen in Afghanistan vertraut und leisten schon seit Jahren Hilfe. Ihre Arbeit findet Anerkennung auch bei den größeren Hilfsorganisationen, die sich, ebenso wie die Bundesregierung, gelegentlich finanziell beteiligen.
Ein besonderer Schwerpunkt der Arbeit lieg in der Organisation der Moscheeschulen, in der auch Mädchen (!) unterrichtet werden.
1999 und 2000 wurde mit Geldern des Deutschen Caritas- Verbandes (DCV) und der amerikanischen Organisation Catholic Relief Services (CRS) ein Schulprogramm durchgeführt. Mädchen und Jungen bis zum Alter von zehn Jahren erhielten normalen Schulunterricht in verschiedenen Moscheen von Kabul. Dieses Programm wurde in Zusammenarbeit mit dem afghanischen Ministerium durchgeführt, das für die Moscheen zuständig ist. Damit  modifizierte die Talibanregierung ihre ursprüngliche Schulpolitik deutlich.
DCV und CRS werden es OFARIN ermöglichen, dieses Programm im Jahre 2001 weiter zu führen. Es ist denkbar, dass durch dieses Programm eine weitere Normalisierung des Schulbetriebes, insbesondere für Mädchen, erzielt werden kann. Je größer das Programm wird, desto eher wird OFARIN entsprechenden Einfluss  ausüben können. Wir bitten daher darum, uns finanziell bei der Fortführung des Schulprogramms in den Kabuler Moscheen zu unterstützen.
(Zitat von der Homepage des Vereins www.OFARIN.de)
Das Spendenkonto von OFARIN: 
360 104 418 BLZ: 790 500 00
Sparkasse Mainfranken Würzburg
- Spenden sind steuerlich abzugsfähig -
Die Berichte

18. 10. 2001

Liebe Freunde,
soeben hatte ich wieder Kontakt mit dem OFARIN-Büro in Kabul. Die Kollegen berichten, daß es jetzt keine oeffentlichen Fernmeldeverbindung nach aussen mehr gibt. So benutzten sie das Satellitentelefon. 
Das ist gefaehrlich, denn es ist verboten. In Kabul wird die oeffentliche Ordnung noch aufrecht erhalten. Es wird nicht gepluendert. Dagegen berichtet das LEPCO-Buero aus Peshawar, dass in Kandahar die oeffentliche Ordnung schon vor drei Tagen zusammengebrochen sei. In Kabul sind die Fahrzeuge mancher
Hilfsorganisationen beschlagnahmt worden, die unseren noch nicht. Die Bombardierungen richten sich gegen alle militaerischen Einrichtungen der Taliban in der Stadt. Die Menschen versuchen sich von Kasernen und Polizeistationen entfernt aufzuhalten. Die (mit Taliban besetzte) Polizeistation schraeg gegenueber von unserem Buero wurde auch von einer Rakete getroffen, die allerdings nicht explodierte.
Waehrend alle unsere Kollegen, die die Moeglichkeit dazu hatten, ihre Verwandten aufs Land gebracht haben, hat unser Landwirtschaftsfachmann Prof. Nasseri seine Familie aus Tschakardarrah nach Kabul gebracht. Der genannte Ort liegt am Nordwestrand der Ebene von Schomali, aus der 1999 die  Bevölkerung von den Taliban vertrieben wurde. Tschakardarrah ist nicht "entsiedelt" worden. Es wird erwartet, dass die Nordallianz auf diesen Ort vorstoesst. Solch ein Vorstoss, fuerchtet Prof.Nasseri, duerfte mit massiven Bombardements vorbereitet werden. Gegen das, was da kommen kann, scheint man in Kabul vergleichsweise sicher zu leben. 

Der Afghani hat stark an Wert gewonnen. Der Dollar oder die Rupie seien nur noch ein Viertel soviel wert wie vor sechs Wochen. Ich habe den Kollegen, die in Dollars bezahlt werden, erlaubt, Gehaltsvorschuesse zu beziehen. Unsere Schulen arbeiten jetzt täglich von 13:15 Uhr und 16:15 Uhr. Das hatten wir am Montag beschlossen, da nur noch wenige Kinder zu dem Unterricht am fruehen Morgen kamen. Das lag an den     naechtlichen Bombardierungen und daran, dass es morgens empfindlich kalt ist. Der Unterricht findet im Freien und in geheizten Raeumen statt. Im Falle von Bombardierungen wird der Unterricht abgebrochen und die Kinder werden nach Hause geschickt.



22.10 2001

Liebe Freunde,
vor einer Stunde konnte ich wieder mit dem OFARIN-Buero in Kabul sprechen. Die Bombardierungen seien sehr stark. Die Schulen arbeiten so weiter, wie in den vorangehenden Mitteilungen beschrieben. Eine Rakete ist in der Plattenbau- Siedlung Mikro Royan I eingeschlagen. Sie hat dort die Trinkwasserversorgung lahmgelegt. Das OFARIN-Team ist der Meinung, daß eine Reparatur mit relativ geringen Mitteln moeglich ist. OFARIN hat vom Eine-Welt-Kreis Wuerzburg Geld für die Trinkwasserversorgung (eigentlich für die Erstellung von Brunnen und Zisternen in der Provinz) erhalten. Es wurde beschlossen, fuer die Reparatur der Trinkwasserversorgung im alten Mikro Royan (= MR I) einen Teil dieser Mittel aufzuwenden.
Außerdem wird das OFARIN-Team Kontakt zu der GMS-Klinik in Wazir Akbar Khan und zu Schwester Mariam aufnehmen und sich nach der Lage erkundigen.



29. 10. 2001

Liebe Freunde,
heute hatte ich wieder den regelmaessigen Telefonkontakt mit unserer Kabuler Belegschaft im OFARIN-Buero. Allerdings fassten sich die Kollegen recht kurz. Sie haben Angst, das Satellitentelefon weiter zu benutzen, da das verboten ist. Wenn sie erwischt werden, kann man sie als Spione behandeln. Es gibt noch eine oeffentliche Telefonverbindung nach Peshawar. Die Kollegen werden ueber dieses Telefon mit unserem Verbindungsbuero in Peshawar sprechen. Von dort werde ich dann unterrichtet. Das bedeutet, dass die Kontakte nicht mehr so regelmaessig und direkt sein werden.

Die Kabuler Kollegen wollten Peshawar morgen anrufen. Dabei will man uns ueber die Hilfsmoeglichkeiten unterrichten, die derzeit sinnvoll und moeglich sind. Das afghanische Planungs- Ministerium hat alle Hilfsorganisationen gebeten, sich fuer die Menschen einzusetzen, die durch die Bombardierungen Schaeden erlitten haben. Es ging also um Lebensmittellieferungen sowie um Decken, Matratzen und dergleichen. Die Transporte solcher Gueter sind derzeit moeglich. Naeheres wollte man ueber das Peshawarer Buero mitteilen. 

Ansonsten sei die Lage in Kabul "normal". Das bedeutet, dass unsere Moscheeschulen in Kabul weiterhin arbeiten. Die Lehrer sind groesstenteils anwesend. Doch die Zahl der Kinder ist gering, da viele Familien Kabul verlassen haben. Sie versuchen ins Ausland zu gehen oder sind zu Verwandten aufs Land gezogen.
Unser Buero arbeitet normal. Ein Teil der Mitarbeiter hat seine Familien aufs Land evakuiert. Die Basare der Stadt sind normal besucht. Allerdings hatten die Mitarbeiter berichtet, dass die Preise in afghanischer Waehrung gleich geblieben seien, waehrend diese Waehrung selber ihren Wert (gegenueber dem Dollar und der pakistanischen Rupie) binnen sechs Wochen vervierfacht habe. Unsere Mitarbeiter werden in Dollars und die Lehrer in den Moscheeschulen werden in Rupien bezahlt. 

Den Aufruf zur Hilfe fuer ausgebombte Menschen vernehme ich mit Skepsis und erwarte mit Spannung Einzelheiten. 



1.11.2001

Liebe Freunde,
unser Buero meldet aus Kabul, dass sich das Leben dort nicht wesentlich geaendert hat. 

Sie berichten von Menschen, die durch die Bombardierungen obdachlos geworden sind. Sie wuerden fuer 200 solcher Familien gerne ein Notprogramm durchfuehren. Diese Ausgebombten muessten neben Lebensmitteln auch Decken, Matratzen, etwas Geschirr, eine Petroleumlampe und dergleichen erhalten.

Auch ist die Lage der internen Fluechtlinge (= IDPs = Internally displaced persons) weiterhin schwierig. Dabei handelt es sich sowohl um Bombenfluechtlinge als auch um Duerrefluechtlinge. Letztere haben ihre Heimatdoerfer verlassen, weil es dort kein Trinkwasser mehr gab. Sie haben sich in Gegenden niedergelassen, in denen es noch Wasser gibt (Teile der Provinzen Kabul, Logar und Wardak). OFARIN-Kabul wuerde es sich zumuten, 2000 solcher Familien im Monat zu versorgen. Das Kabuler OFARIN-Buero hat die Kapazitaet, eine solche Aufgabe zu bewaeltigen. Wir haben im Fruehjahr 1999 ein Lebensmittel- Nothilfeprogramm durchgefuehrt. Unsere Belegschaft hat diese Aufgaben gemeistert. Lebensmittel und auch Medizin koennen in Kabul gekauft werden. Was vor Ort nicht vorhanden ist, koennen Spediteure derzeit importieren. Zu zuverlaessigen Haendlern bestehen gute Beziehungen. Die Belegschaft der Organisation „German Medical Services“ fuehrte im Oktober bereits ein Lebensmittelnothilfeprogramm erfolgreich durch.

Das Kabuler OFARIN-Buero haelt Kontakt zu Schwester Mariam. Sie ist Schweizerin und gehoert einem franzoesischen Orden an. Sie, eine franzoesische und eine japanische Mitschwester hatten beschlossen in Kabul zu bleiben. Alle drei Schwestern arbeiten in verschiedenen Kabuler Krankenhaeusern. Schwester Mariam berichtet jetzt davon, dass die Belegschaft des Aliabad- Krankenhauses, in dem sie arbeitet, kaum noch zum Dienst erscheint, da sie nicht mehr entlohnt wird. Schwester Mariam hat OFARIN gebeten die Loehne fuer die gut 300 Mitarbeiter dieses Krankenhauses zu uebernehmen. Das sei jetzt wichtiger als die Versorgung mit Medikamenten. Natuerlich kann OFARIN das nicht aus dem Stand leisten.

Vor zwei Wochen berichteten die Kollegen des Kabuler OFARIN-Bueros davon, dass eine Bombe die Trinkwasser- Versorgung der Plattenbausiedlung Alt-Mikro-Royan lahmgelegt habe. Das Planungsministerium habe die Hilfsorganisationen gebeten, die Regierung bei der Reparatur des Schadens zu unterstuetzen. Allerdings haben die afghanischen Behoerden die Reparatur selbst in die Hand genommen und erwarten jetzt, dass sich die Hilfsorganisationen finanziell engagieren. Diese Art der Hilfe kann OFARIN nicht leisten, da afghanische Regierungs- Stellen nicht die noetige Transparenz hinsichtlich der Verwendung der Mittel herstellen. Wenn es nicht moeglich ist, OFARIN einen festen Teil der Reparaturaufgaben zuzuweisen, die dann in eigener Regie erledigt werden, koennen wir uns nicht an diesem Programm beteiligen.

Dagegen berichten die Kollegen, dass in den Plattenbau- Siedlungen die Errichtung einiger weiterer Trinkwasserbrunnen hilfreich sei. Oft besteht in den Plattenbauten keine zentrale Trinkwasserversorgung. Unsere Ingenieure schaetzen die Kosten eines Brunnens auf 550 DM. 

Inzwischen sind die 6000 DM, die wir vom Eine Welt Laden in Wuerzburg fuer die Trinkwassergewinnung erhalten haben, in unserem Verbindungsbuero in Peschawar. Die Geldhaendler, die den Transfer nach Afghanistan besorgen sollen, moechten dieses Geld zusammen mit den erheblich hoeheren Betraegen fuer die Moscheeschulen, den der Deutsche Caritasverband angewiesen hat, nach Kabul  bringen, da der Transfer des Geldes – zumal unter den jetzigen Bedingungen - mit einem gewissen Aufwand verbunden ist. Leider ist das Schulgeld noch nicht in Peschawar eingetroffen. Aber die Gewissheit, dass die 6000 DM in Peschawar sind, ermoeglicht es den Kollegen in Kabul, schon jetzt Geld zu leihen, und es fuer die Trinkwassergewinnung einzusetzen.

Wir haben eine Voranfrage an das Auswaertige Amt gerichtet. Es wird dort zur Zeit geprueft, ob man uns hinsichtlich der Programme fuer die Bombenopfer und die IDPs unterstuetzen kann. Auch die Unterstuetzung der Trinkwassergewinnung haben wir dort erbeten. Die angesprochenen Probleme im Aliabad- Krankenhaus koennten wir, wenn uns das Auswaertige Amt hilft, langfristig dadurch loesen, dass wir einen Teil der Lebensmittel nicht an IDPs sondern an das Krankenhauspersonal verteilen. Die Funktionsfaehigkeit der Krankenhaeuser ist unter den gegebenen Umstaenden von hervorragender Wichtigkeit. Das Aliabad- Krankenhaus ist eines der wenigen in Kabul, in denen Frauen behandelt werden. Doch ist hier ein Eingreifen noch vor dem Beginn der erhofften Lebensmittelaktion noetig.

Wir bitten Sie, als unsere Freunde und Partner, zu ueberpruefen, ob Sie nicht schnell mit dem eigenen Scheckbuch intervenieren koennten: Konto von „OFARIN e.V.“ mit der Nummer 360104418 bei der Sparkasse Mainfranken, Wuerzburg (BLZ 79050000). Wenn Sie das Stichwort „Aliabad“ hinzufuegen, verwenden wir die Mittel nur fuer dieses Krankenhaus. Vergessen Sie bitte nicht Ihren Namen und Ihre Adresse anzugeben, damit wir Ihnen eine Spendenquittung zuschicken koennen!

Die Kollegen berichten auch darueber, dass bewaffnete Banden in die Bueros einiger Hilfsorganisationen eingedrungen sind und Fahrzeuge und sonstige Ausruestung mitgenommen haben. Zunaechst sah es so aus, als seien das Konfiszierungen durch die Talibanregierung. Inzwischen stellt sich heraus, dass es sich um „Eigeninitiativen“ handelt. Allerdings koennen in Kabul bewaffnete Gruppierungen nur existieren, wenn sie gute Beziehungen zu einflussreichen Kreisen der Taliban haben. Das Planungsministerium hat daraufhin angeordnet, dass die Hilfsorganisationen ihre Fahrzeuge und die wertvolle Ausruestung bis heute (1.11.) mittag auf das Anwesen von ACBAR bringen sollen. ACBAR ist der Dachverband der Hilfsorganisationen. Die Taliban wuerden dann einige bewaffnete Waechter stellen, die von den Hilfsorganisationen entlohnt werden muessten. 

Da unsere beiden Fahrzeuge auf Grund der oben erwaehnten Uebergriffe ohnehin nicht mehr benutzt wurden, haette ich keine Probleme mit dem Erlass des Planungsministeriums. Allerdings koennen sich die Hilfsorganisationen derzeit kaum einigen. Die verantwortlichen auslaendischen Bueroleiter sind weit weg und die afghanischen Stellvertreter wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen. Ausserdem hat manche der internationalen Hilfsorganisationen alleine mehr Fahrzeuge als auf der Abstellflaeche von ACBAR Platz finden koennten. Jedenfalls wurde mit der Sicherheitsverwahrung noch nicht begonnen. 

Bedenken gegen solche Verwahrung der beweglichen Habe von Hilfsorganisationen sind gerechtfertigt. 1998 wurde unser russischer Jeep, den die Behoerden waehrend der voruebergehenden Schliessung der Bueros der internationalen Hilfsorganisationen in Verwahrung genommen hatten, von einem Talibankommandanten „privatisiert“, und wir bekamen ihn niemals zurueck. Ausserdem koennten Piloten hochfliegender Flugzeuge eine groessere Ansammlung meist gelaendegaengiger Fahrzeuge fuer eines der in Afghanistan so raren militaerisch lohnenden Ziele halten.



5.11.2001

Liebe Freunde,
die Kommunikation mit Kabul ist nicht mehr so einfach. Ein Fax, das ich vor einer Woche aus Kabul erhielt, war nicht, wie ich geglaubt hatte, ganz normal aus der Hauptpost abgeschickt worden. Vielmehr war ein Beamter, der Zugang zu solch‘ einem Gerät hat, hilfreich gewesen. 

Das Schwedische Afghanistan Komitee hatte einen Kurierdienst von Peshawar nach Kabul eingerichtet, der auch von anderen Hilfsorganisationen genutzt werden konnte. Allerdings wurden dann afghanische Kuriere der Schweden von den Pakistanern abgefangen und inhaftiert. Die sind inzwischen dank Schmiergeldzahlungen wieder auf freiem Fuß. Aber der Kurier- Dienst funktioniert nicht mehr.

Die Universitaet Kabul ist schon laenger geschlossen. Sie war in den letzten Jahren ohnehin kein Ort grosser Betriebsamkeit mehr. Das Niveau des Unterrichtes war duerftig, die Berufsaussichten fuer Absolventen sehr truebe. Und der Campus war wegen der Abwesenheit von Studentinnen kein Heiratsmarkt mehr. Seitdem der Krieg mit den Amerikanern drohte, wurden eifrig junge Maenner rekrutiert. Allein das duerfte den Lehrbetrieb endgueltig lahm gelegt haben. Da schloss man die Universitaet offiziell. 

Unsere Bitte um Hilfe ist vom Auswaertigen Amt erhoert worden. Wir koennen einen Antrag auf Unterstuetzung unserer Hilfsmassnahmen in Hoehe von 50,000 DM stellen. Damit kann man bei weitem nicht alles durchfuehren, was unsere Kabuler Kollegen vorgeschlagen haben. Aber wirksam helfen kann man schon. Bis morgen frueh hoffe ich aus Kabul zu erfahren, welche Prioritaeten wir am  besten setzen sollten. 

Ein groesserer Betrag des Deutschen Caritasverbandes fuer die Moscheeschulen von OFARIN traf in Peshawar ein. Dieses Geld wurde zusammen mit den Mitteln, die der Wuerzburger Eine Welt Laden fuer die Trinkwassergewinnung zur Verfuegung gestellt hat, einem Geldhaendler anvertraut. Die Kabuler Filiale des Haendlers hat unser Buero bereits informiert, dass die Sendung morgen oder uebermorgen eintreffen duerfte. Die Transferkosten (von Peshawar nach Kabul) betragen weiterhin 0,5 % wie zu „Friendenszeiten“. In der Regel muessen Boten das Geld befoerdern. Die Schulen arbeiten jetzt noch knapp zwei Wochen bis zum Beginn des Fastenmonats.



9.11.2001

Liebe Freunde,

diesmal galten recht ausfuehrliche Eroerterungen mit den Kollegen in Kabul nur unserem Programm. Wir schliessen unsere Schulen in Haydrkhel in der Provinz Wardak mit dem Ende der Unterrichtssaison, d.h. zu Beginn des Ramazan. Es gibt begruendete Zweifel an der Zuverlaessigkeit der dortigen Schulleitung, und OFARIN ist nicht in der Lage, diese Schulen ausreichend zu beaufsichtigen. Haydrkhel liegt drei Autostunden von Kabul entfernt. OFARIN kann die Schulen hoechstens einmal im Monat besuchen. Fuer die Haydrkhel-Schulen ist das viel zu wenig. Die Schliessung betrifft etwa 400 Schueler, darunter 100 Maedchen, und 20 Lehrkraefte, darunter vier Lehrerinnen. Die Schliessung war im Sommer beschlossen worden. Sie kann der Schulleitung erst jetzt mitgeteilt werden. Sonst haetten wir die Loyalitaet der Schulleitung vorzeitig weiter herabgesetzt. Dagegen geben die Schulen in Saghumkhel, Provinz Logar, keinen Grund zum Klagen. Dort findet der Unterricht in mehreren Moscheen statt. Die Bevoelkerung moechte, daß der Unterricht im Winter fortgesetzt wird. Sie wird die Haelfte der Heizkosten uebernehmen. Den Rest traegt OFARIN. Hier geht es um 550 Kinder, darunter 200 Mädchen. Die Kabuler Moscheeschulen arbeiten weiterhin normal – mit relativ wenigen Kindern, da viele Familien evakuiert sind. Derzeit werden die Oktobergehaelter an die knapp 400 Lehrer ausgezahlt.

Schwester Mariam ist eine schweizer Ordensschwester. Sie hatte sich mit einer franzoesischen und einer japanischen Mitschwester entschieden, in Kabul zu bleiben. Sie hatte jetzt das OFARIN- Buero gebeten, der Belegschaft des Aliabad-Krankenhauses Gehaelter zu zahlen. Die meisten der knapp 190 Angestellten dieses Krankenhauses kommen nicht mehr zur Arbeit, da die Talibanregierung sie nicht besolden kann. Ohnehin sind die Loehne im Krankenhaus vollkommen unzureichend. OFARIN hatte schon im Winter 1999 ein Zusatzgehalt an die Belegschaft von Aliabad ausgezahlt. Das Aliabad-Krankenhaus ist eines der wenigen, in dem auch Frauen behandelt werden.

OFARIN/Kabul raeumt der Unterstuetzung der Krankenhaeuser hoechste Prioritaet ein. Wenn die Hospitaeler in dieser Situation nicht arbeiten, wird die Lage fuer die Bevoelkerung sehr ernst. Noch viel mehr Menschen werden gezwungen die Heimat zu verlassen. Einige Kabuler Krankenhaeuser werden durch Lieferung von Medikamenten und Zahlung von Gehaeltern an einen Teil der Belegschaft vom ICRC oder grossen NGOs, wie dem Schwedischen Komitee, unterstuetzt. Den anderen geht es wie dem Aliabad-Krankenhaus. Es wurde beschlossen, einen Ueberblick ueber die derzeitige Versorgung der Kabuler Hospize aufzustellen. Mit der Hilfe der Ordensschwestern, die alle in verschiedenen Krankenhaeusern arbeiten, sollte das bis Montag gelingen. OFARIN hat in Deutschland Privatspenden erhalten, die dafuer ausreichen, jedem Mitarbeiter des Aliabad-Krankenhauses 1,800 Rs auszuzahlen. Mit diesem Geld kann man Lebensmittel kaufen, die ausreichen, um eine Familie einen Monat lang durchzubringen. OFARINs Kabuler Buero wird die noetigen Mittel aus anderen Toepfen vorfinanzieren und beginnt sofort mit der Auszahlung an die Mitarbeiter des Krankenhauses. Von afghanischen Behoerden sind keine Schwierigkeiten zu befuerchten. Vielmehr hatte die Talibanregierung die NGOs um entsprechende Interventionen gebeten.

Mit freundlichen Gruessen, Peter Schwittek.



12.11.2001

Liebe Freunde, 

unser Kabuler Buero berichtet, daß die Lage in Kabul ruhig aber gespannt ist. Man weiss nicht, was kommt. Die Schulen arbeiten weiter. Die Auszahlung der Oktoberloehne an die Lehrer ist noch nicht beendet. 

Unsere Bemuehungen, dem Aliabad-Krankenhaus durch die Auszahlung von Loehnen an das Personal zu helfen, muessen noch einige Hindernisse ueberwinden. Das Gesundheitsministerium muss die Verteilung schriftlich billigen. Jedenfalls wagt die Krankenhausleitung keinen Alleingang ohne diesen Segen und ist bereit, selber fuer die Genehmigung zu sorgen. Das bedeutet wohl, dass diesem Ministerium Gelegenheit gegeben werden muss, einige eigene Mitarbeiter in die Gehaltsverteilung einbeziehen zu lassen. Insofern sind also die Verhältnisse noch ganz normal. Wir gehen davon aus, dass die Genehmigung schnell vorliegen wird. 

Es scheint wichtig zu sein, dass die Belegschaft des Aliabad- Krankenhauses weiss, dass es weitere Lohnzahlungen durch OFARIN geben wird. Andernfalls besteht fuer die Mitarbeiter kein Anreiz, nach der ersten Auszahlung weiter zu arbeiten. Ein Ueberblick ueber die Situation in den anderen Krankenhaeusern der Stadt wurde noch nicht erstellt. Schwester Mariam, auf die die Initiative fuer das Aliabad-Krankenhaus zurueckgeht, geht aber davon aus, dass die Lage in diesem Krankenhaus besonders dramatisch ist. 

Schwester Mariam bat auch um "etwas" Geld, um notleidenden Patienten kleine Unterstuetzungen zustecken zu können. Leider macht es ihr ihre kloesterliche Sozialisation schwer, solche Wuensche geschaeftsmaessig zu quantifizieren. 

Die Arbeit an der Zisterne in Logar, die der  Trinkwasser- Versorgung von Binnenfluechtlingen dienen soll, steht kurz vor dem Abschluss. 

Viele Grüße, Peter Schwittek.

Nachtrag:

Einnahme Mazar-e-Sharifs wird als Befreiung erfahren:
Frauen dürfen wieder berufstätig sein,
Männer scheren sich die Bärte
Randersacker, 12.11.2001 - Heute erfuhren wir aus dem LEPCO-Buero, dass die LEPCO- Institutionen in Mazar- e- Sharif die Eroberung der Stadt durch die Nordallianz gut ueberstanden hat. 

Dies ergab ein Telefonat zwischen LEPCO-Mazar und LEPCO-Peshawar. Die Menschen haben den Wechsel als Befreiung erfahren. General Dostam ist an der Macht. Die Frauen duerfen wieder berufstaetig sein. Sie duerfen auch wieder den Schrein Alis in der grossen Moschee aufsuchen. Die Maenner scheren sich die Baerte. Jungen und Maedchenschulen sollen wieder eroeffnet werden. Man hoert wieder Musik und das lokale Fernsehen "Television-e-Balkh" soll bald wieder seine Taetigkeit aufnehmen. Die LEPCO- Maenner- Klinik arbeitet bereits wieder, die Frauenklinik wird in Kuerze ebenfalls aktiv sein. 

Die Strasse durch das Maidantal zum Unai-Pass, die kuerzeste Verbindung von Peshawar und Kabul ins Hazarajat, wurde geschlossen. 
 




14.11.2001

Nachrichten aus Kabul:
Geldbasar geplündert

Gestern frueh wurde ich aus Kabul angerufen. Unser Buero wollte wissen, wie man mit dem Geld umgehen soll. Der Geldbasar war gepluendert worden, und es gab Geruechte ueber weitere Einbrueche. Wir beschlossen, das Geld im Haus zu verstecken und nur einen kleinen Rest für ungebetene Gaeste im Safe zu lassen. Heute frueh riefen die Kollegen wieder an und schlugen vor, das Geld in den Safe zurueck zu legen. Es sei alles wieder ruhig und sicher in Kabul.

Sie berichteten auch, dass es nicht geklaert sei, ob der Geldbasar noch von abziehenden Anhaengern der Taliban gepluendert worden sei oder erst danach, d.h. bevor die Truppen der 
Nordallianz einrueckten. 

Gewisse Probleme gibt es dennoch mit dem Geld. Das Geld, das sich jetzt im Safe befindet, sind Dollars, die aus Peshawar nach Kabul gebracht worden waren. Fuer die Auszahlung der  Lehrergehaelter und der Loehne an das Personal des Aliabad- Krankenhauses werden aber pakistanische Rupien benoetigt. Wegen der Pluenderung des Geldbasars kann man im Augenblick kein Geld tauschen. Fuer die Projekte gibt es daher Verzoegerungen. 

Die Schulen wurden geschlossen. Allerdings haetten die Ramasanferien ohnehin uebermorgen begonnen. Die
Gehaltsauszahlung an die Lehrer wird dennoch durchgefuehrt. 

Die Zisterne fuer das Trinkwasser in Logar ist fertig. Auch fuehren die Fluesse jetzt wieder etwas mehr Wasser. Dieses Phaenomen kann jedes Jahr beobachtet werden, noch bevor Niederschlaege einsetzen. Vermutlich liegt es daran, dass den Fluessen kein Wasser fuer die Bewaesserung der Felder mehr entnommen wird. Niederschlaege haben noch nicht eingesetzt. 


Persönliche Einschätzung:
Osama bin Laden hat in Afghanistan keinen Rückhalt für einen Guerillakrieg

Soweit das, was aus Kabul zu erfahren war! Vielleicht ist es erlaubt, einige persoenliche Bemerkungen zu den gegenwaertigen Diskussionen ueber das, was jetzt passieren koennte, zu machen. Es draengt mich dazu, weil mich die Spekulationen von Korrespondenten aergern, die aus Islamabad oder Delhi kolportieren, was ihnen andere Kollegen an der Hotelbar zugeraunt haben. 

Die Taliban und die Gefolgsleute von Osama bin Laden werden keine Moeglichkeit haben, von Afghanistan aus einen Guerillakrieg zu fuehren. Die Taliban haben auch bei den Paschtunen Afghanistans kaum Rueckhalt. Und der Hass auf die Araber und Pakistaner, die nach Afghanistan gekommen sind, um den wahren Islam zu verbreiten, ist riesengross.

Wenn Afghanen verschiedener Voelker zusammentreffen und ein 
Gespraech eroeffnen wollen, so beginnen sie es in der Regel damit, dass sie ihre Meinung ueber Pakistan oder ueber die Araber sagen. Da hat man ein Thema, ueber das man sofort einer Meinung ist. Der Hass auf diese Brueder im Islam ist ein Teil der afghanischen Identitaet geworden. Es ist durchaus moeglich, dass prominente Taliban jetzt zu ihren Stammesbruedern zurueckkehren und dort unbehelligt weiterleben koennen. Aber politische oder gar
militaerische Aktivitaeten werden ihnen unmoeglich sein. Eine Guerillabewegung braucht die aktive Unterstuetzung der ueberwiegenden Mehrheit der Bevoelkerung. Osama bin Laden hat keine Ueberlebenschance in Afghanistan. Ganz anders ist die Lage in den Stammesgebieten Pakistans entlang der afghanischen Grenze, in denen die pakistanische Regierung nicht nur faktisch sondern sogar de iure kaum Einflussmoeglichkeiten hat. Hier haben die radikalen Islamisten eine emotionale Basis. 

Zwar hat die Nordallianz 1996 bis zur Eroberung von Kabul durch die Taliban untereinander Krieg gefuehrt. Doch das lag sehr an den fuehrenden Persoenlichkeiten und dem schlechten Verhaeltnis, das sie zueinander hatten. Ahmad Shah Massud war der grosse Militaerfuehrer der Jamiat-Partei. Er kannte keine Zusammenarbeit, nur die Unterordnung. Er war nicht in der Lage, in echten Koalitionen mitzuarbeiten. Mit anderen Fuehrern, wie
General Dostam, hatte er sich persoenlich irreparable entzweit. Ahmad Shah Massud ist am 9.9. dieses Jahres von Arabern ermordet worden. Eine andere Person, die sehr zur Zwietracht unter den ehemaligen Widerstandsparteien beitrug, ist Gulbuddin Hekmatyar. Dieser Mann war vor dem Auftauchen der Taliban das Ziehkind der Pakistaner. Auch er strebte die Alleinherrschaft an und hat sich obendrein schwere Menschenrechtsverletzungen zu schulden kommen lassen. Er sitzt jetzt einflusslos im Iran. 

Wenn die Alliierten nicht den Fehler machen, diesen Mann eventuell als Trostpreis fuer Pakistan wieder zur Bedeutung kommen zu lassen, ist eine weitere Person, die den internen Frieden der Nordallianz frueher sehr belastet hatte, ausgeschaltet. Aehnliches gilt fuer Prof. Sayyaf, einen Parteifuehrer, der von Saudi-Arabien ausgehalten wurde. Er gab sich betont anti-schiitisch und verlangte, dass die Schiiten, die ein Fuenftel bis ein Viertel der Bevoelkerung Afghanistans stellen, keine gleichberechtigten afghanischen Staatsbuerger sein duerften. Auch er hat derzeit keinen Einfluss. 

Die jetzt einflussreichen Fuehrer der Nordallianz koennten sehr wohl in der Lage sein, fuer laengere Zeit vernuenftig zusammen zu arbeiten. Allerdings muss gesagt werden, dass die Truppen der Nordallianz nicht allzu diszipliniert sind. Jede der Parteien dieser Allianz ist in sich eine recht lockere
Koalition bewaffneter Banden. Natuerlich ist die Herrschaft der Nordallianz keine dauerhafte Loesung fuer Afghanistan.

Aber es ist realitaetsfern von den vorrueckenden Truppen zu verlangen, dass sie an einer bestimmten Linie Halt machen und darauf warten, bis internationale Gremien sich ueber die Zukunft
Afghanistans geeinigt haben. Die Taliban haetten dann die Moeglichkeit sich zu erholen und zum Gegenangriff anzutreten. Ausserdem waere es verheerend fuer die Stadt Kabul gewesen, wenn die Taliban abgezogen waeren und die Nordallianz nicht eingerueckt waere. Die oeffentliche Ordnung waere vollkommen zusammengebrochen.

Peter Schwittek. 


19.11.2001
Bombenangriffe der Amerikaner werden sachlich beurteilt, aber:
Die weitere Entwicklung in Afghanistan gibt Anlass zur Sorge
- von Peter Schwittek -
Randersacker, den 19.11.2002 - Heute habe ich wieder mit der Belegschaft des Kabuler OFARIN-Bueros gesprochen. Die afghanischen Kollegen berichteten darueber, dass es in Kabul ruhig ist. Aber sie waren doch recht unsicher, wenn sie an die Zukunft dachten. In der Provinz suedlich von Kabul, die bisher von den Taliban kontrolliert wurde, haben "die Leute" von sich aus die Macht uebernommen. Meistens sind es die alten Parteien, die dort geherrscht hatten, bevor sie von den Taliban vertrieben wurden, die jetzt wieder regieren. Auch bisherige Mitglieder der Talibanbewegung seien erneut in Amt und Wuerden.

Dabei duerfte es sich um Maenner handeln, die vor 1995/96 von einer der ehemaligen Widerstandsparteien zu den Taliban uebergelaufen waren. Die sind jetzt "zurueckgekehrt". Es sei ruhig dort in der Provinz, aber man sei nicht sicher, wie lange es überall ruhig bleibe. 

Nordallianz verteilt Waffen in Kabul

In Kabul haetten die Parteien der Nordallianz, die eingerueckt seien, Waffen an bestimmte Bevoelkerungsgruppen verteilt. Das duerfte nach ethnischen oder politischen Gesichtspunkten geschehen sein. In Kabul sind in erster Linie Truppen der Jamiat- Partei ueberwiegend Tadschiken - einmarschiert, aber auch
Hazara der Hizb-e-Wahdat. Truppen des General Dostam ueberwiegend Usbeken sind nicht in Kabul. Man sei zwar froh darueber, dass die Taliban und ihre arabischen und pakistanischen Helfershelfer vertrieben sind. Aber die Menschen sind skeptisch. Schliesslich waren die letzten Wechsel der Herrschaft meist Wechsel vom Schlimmen zu noch Schlimmerem. 

Gefahr, die von Rabbani ausgeht

Vor allem die Rueckkehr des ungeliebten afghanischen Praesidenten Prof. Burhanuddin Rabbani nach Kabul hat die Skepsis befluegelt. Der Mann strebt nach Einschaetzung aller danach, an der Macht zu bleiben, was nur zu weiterem Buergerkrieg und zu Zustaenden fuehren wird, wie sie von 1992 bis 1996 in Afghanistan herrschten. Bis zum Eintreffen
Rabbanis galt es als abgemacht, dass die grosse Versammlung aller Staemme zusammentreten wird und ueber die Zukunft Afghanistans beschliesst. Da waere dann automatisch das groesste Volk, das der Paschtunen, angemessen vertreten gewesen, was in einer Regierung Rabbani nicht der Fall ist.

Zum Verhalten von Rabbani ist vor allem eine Geschichte zu 
ergaenzen, die vielleicht nicht ueberall verbreitet wurde, die aber belegt, dass Rabbani wirklich anstrebt, die Macht ganz an sich zu bringen, was ihm uebrigens nicht einmal die derzeitigen  Verbuendeten innerhalb der Nordallianz erlauben wuerden: Die Jamiat-Partei hatte vor wenigen Wochen, als sie noch nicht mit dem schnellen Vormarsch der Nordallianz rechnen konnte, den Ex-Koenig Afghanistans, der sich in Rom aufhaelt, aufgefordert, in das Gebiet der Nordallianz zu kommen. Das haette eine gewaltige Staerkung bedeutet, denn mit der Person und Familie des Ex-Koenigs verbinden die meisten Afghanen sehr grosse Hoffnungen. In der letzten Woche wollte der Ex-Koenig tatsaechlich nach Nord-Afghanistan kommen. Aber jetzt verweigerte ihm Rabbani die Einreise. 

Bombenangriffe der Amerikaner werden sachlich beurteilt

Ich fragte den Kollegen, mit dem ich sprach, einen Paschtunen, ausdruecklich danach, ob die Bevoelkerung wegen der Bombenangriffe auf die USA wuetend sei. Er fragte verstaendnislos zurueck: "Wieso? Alle sind froh, dass die Amerikaner die Taliban vertrieben haben. Aber sie sollten uns jetzt auch helfen die Regierung zu bilden." 
Meine persoenliche Einschaetzung dazu ist, dass das wirklich die Stimme des Volkes - also der ganz ueberwiegenden Mehrheit der Afghanen - ist.

Neues von OFARIN

Da der Geldbasar wieder arbeitet, koennen morgen endlich die Gehälter im Aliabad-Krankenhaus ausgezahlt werden, darunter die 2000 DM, die wir von der Konfliktloesungsinitiative Wuerzburg erhalten haben. Die 6000 DM, die wir von der Eine- Welt-Initiative Würzburg für Trinkwasserversorgung erhalten hatten, sind jetzt weitgehend verplant oder schon ausgegeben. Unter anderem werden wir uns doch an der Reparatur der
Trinkwasserversorgung in Mikro Royan I beteiligen, die durch eine Bombe beschädigt worden war. Die Talibanregierung hatte diese Reparatur schon begonnen. Mit 500 $ von OFARIN kann das Werk abgeschlossen werden. Die Einkäufe des Materials und die Überwachung der Durchführung der Arbeiten durch unsere Leute ist gesichert. 

Die Meldung, die wir kurz nach der Eroberung von Mazar-e- Sharif durch die Taliban verbreiteten, naemlich dass die dortigen LEPCO-Kliniken alles gut ueberstanden haetten, trafen so nicht zu. Den Uebermittlungsweg von Mazar ueber Peshawar nach Deutschland hatte die Nachricht wohl nicht gut ueberstanden. Damals wollte man aus Mazar wohl nur melden, dass alle Mitarbeiter gut davon gekommen sind. Tatsaechlich hatten die
Taliban vor ihrer Flucht die Maennerklinik ueberfallen und zumindest einen Jeep gestohlen. Nach der Einnahme
Mazars durch die Nordallianz pluenderten dann abermals Bewaffnete die Maennerklinik. Was alles gestohlen
wurde, ist hier nicht genau bekannt. Es scheint aber erheblich zu sein. 
 


22.11.2001

Anwesenheit ausländischer Truppen wird begrüßt:
Die Spannungen in Kabul steigen
Arbeitsstab Humanitaere Hilfe im Auswärtigen Amt mit offensichtlich eingeschränktem Vorstellungsvermögen...

Randersacker, 22.11.2001 - Unser Buero in Kabul berichtet, dass es in Kabul und den angrenzenden Provinzen noch ruhig sei. Aber die Spannungen steigen. 

Die alten Kommandanten sind auf dem Land groesstenteils wieder an der Macht. Die Ordnung ist labil. Auch Raeuberbanden nutzen die Gunst der Stunde. Die Ermordung von Journalisten auf der  Straße von Jalalabad nach Kabul sind darauf zurueck zu fuehren. Mein Gesprächspartner warnte mich davor, von Pakistan aus ueber Land nach Kabul zu reisen, wenn ich im Dezember wieder nach Afghanistan reise. Der Kollege, der seine Familie waehrend der Bombardements in seine Heimatprovinz gebracht hatte, will diese jetzt nach Kabul zurueckholen, da sie dort
doch noch etwas sicherer sei. 

Aber auch in Kabul ist es unruhig. Viele Fahrzeuge und Ausruestungsgegenstaende der Hilfsorganisationen sind von Bewaffneten der Nordallianz konfisziert oder gestohlen worden. OFARIN ist das bisher nicht passiert. Unsere beiden Fahrzeuge sind schon in den letzten Wochen der Talibanherrschaft nicht mehr benutzt worden. 
Aber gestern haben sich zwei verschiedene bewaffnete Gruppen der Nordallianz direkt vor dem OFARIN-Anwesen um eines der Fahrzeug gestritten. Fast waere ein bewaffneter Konflikt ausgebrochen. Es blieb aber dabei, dass einmal in die Luft geschossen wurde. 

Die Stadt Kabul ist voller Journalisten. Diese sind alle im Intercontinental-Hotel untergebracht. Vor dem Hotel warten jetzt über 100 Taxis. Die Mitarbeiter von OFARIN tragen alle noch Baerte. Die meisten haben diese allerdings verkuerzt und getrimmt. 

Aussichten für das Moschee-Schul-Programm von OFARIN sind zufriedenstellend

Das Moschee-Schul-Programm von OFARIN wird gemeinsam mit dem Ministerium für Islamische Angelegenheiten verantwortet. Ein Geistlicher ist mit der kommissarischen Leitung dieses Ministeriums beauftragt worden. Er hat OFARIN einen Brief geschrieben und sich darin fuer OFARINs bisherige Arbeit fuer das Programm bedankt sowie seine Hoffnung auf weitere gute Zusammenarbeit ausgedrueckt. Die Koordination
der Arbeit fuer die Schulen oblag bisher einem gemeinsamen Komitee aus vier Herren des Ministeriums und vier Mitarbeitern von OFARIN. Das Ministerium hat vier neue Delegierte benannt. Zwei davon haben schon bei der Auszahlung von Loehnen an die Lehrer mitgearbeitet. 
 

Arbeitsstab im Auswärtigen Amt mit offensichtlich eingeschränktem Vorstellungsvermögen ...

Die Auszahlung von Loehnen an Mitarbeiter des Aliabad- Krankenhauses ist problemlos durchgefuehrt worden. Schwester Mariam hat OFARIN dringend gebeten, in den folgenden Monaten weitere Auszahlungen vorzunehmen. Ausserdem sieht die Situation in einem weiteren Krankenhaus mindestens genauso kritisch aus, wie im Aliabad. Auch hier hofft man auf OFARIN. Es ist aber sehr fraglich, ob OFARIN das leisten kann. Ein Antrag an das Auswaertige Amt auf Mittel für diesen Zweck ist von dessen Arbeitsstab Humanitaere Hilfe abgelehnt worden. "Ein Projekt, das nur aus der direkten Auszahlung von Geldern/ Loehnen an Ortskraefte, die ansonsten nicht mehr zur Arbeit erscheinen, besteht, wird vom Arbeitsstab Humanitäre Hilfe nicht unterstuetz.", teilten uns die Sachbearbeiter mit. Vermutlich koennen sich nicht alle Menschen, die ihre Gehaelter stets
puenktlich auf dem Bankkonto vorfinden, vorstellen, dass jemand, der seit Monaten keinen Lohn fuer seine Arbeit mehr bekommen hat, irgendeinen anderen Job suchen muss, um seine Familie durchzubringen. Und wenn das Vorstellungs- Vermoegen nicht einmal soweit reicht, ist dann auch kein Verstaendnis fuer das zu erwarten, was es bedeutet, wenn in einer Kriegsstuation im Winter Krankenhaeuser nicht mehr funktionstuechtig sind. 

Sie, die Sie unsere Arbeit mit Interesse begleiten, duerften ein anderes Verstaendnis von humanitaerer Hilfe haben. Wenn Sie eine Idee haben, wie wir die Krankenhaeuser durch den Winter bringen koennen oder wenn Sie uns materiell unter die Arme greifen koennen [Das Konto von OFARIN e.V. bei der Sparkasse Mainfranken (BLZ 790 500 00) hat die Nummer 360 104 814.], waeren wir sehr dankbar. 
Kommentar
- von Wolfgang Siebert -
Der beschriebene Sachverhalt löst Kopfschütteln auch bei dem aus, der den Sachverhalt allein nach wirtschaftlichen Kriterien beurteilt: Offensichtlich wird es für sinnvoller gehalten, den Zusammenbruch der medizinischen Versorgung in Kabul abzuwarten, um dann Sanitäter und Krankenhaus- Personal aus Europa oder Amerika nach Afghanistan zu entsenden, als die vorhandenen Strukturen zu erhalten.... - der immer gleiche Fehler derer, die offensichtlich nicht rechnen (müssen?). 

Die Anwesenheit ausländischer Truppen wird vom 'kleinen Mann auf der Straße' begrüßt

Aus dem Buero unserer Partnerorganisation LEPCO in Peshawar erhielten wir heute eine E-Mail, in der der stellvertretende Koordinator ein Hazara praktisch dasselbe sagt, wie der paschtunische Kabuler Mitarbeiter von OFARIN (siehe meinen Rundbrief vom 19.11.): "Hinsichtlich der Politik fuer die Aufstellung und Wiederherstellung einer Regierung in Afghanistan ist zu sagen, daß der kleine Mann auf der Strasse unter den gegebenen Umstaenden die Anwesenheit auslaendischer Truppen, die weitere interne Kaempfe verhindern, begruesst. Die meisten Leute sind froh, dass die Jamiat-Partei des Praesidenten Rabbani sich bereit erklaert hat, Repraesentanten aller ethnischen Gruppen zu treffen und die Macht zu teilen. Besondere Hoffnungen werden mit Koenig Zaher Shah verbunden. Er ist Paschtune und auch die anderen Minderheiten respektieren ihn sehr. Sie glauben, daß er mit dem jahrzehntelangen Krieg nichts zu tun hatte und deshalb keine Menschenleben auf dem Gewissen hat, wie all die anderen Anfuehrer."


26.11.2001

Einbruch bei OFARIN:
Raub der beiden Fahrzeuge noch einmal abgewendet

Am heutigen Montag erreicht uns da nachfolgende Schreiben:

Liebe Freunde, 

inzwischen hatten auch OFARIN in Kabul seinen Einbruch. Am Freitagvormittag um 10:00 Uhr drangen zehn Bewaffnete in unser Buero ein, schlugen den Nachtwaechter Aref und verlangten die Herausgabe unserer beiden Fahrzeuge mit Schluesseln und Papieren. 

Die Herren Einbrecher, offensichtlich Pandschiri, waren bereit, eine Quittung auszustellen, damit Aref uns gegenueber entschuldigt sei. Aref ist ein friedfertiger, pflichtbewußter Paschtune, der die Gabe hat, alles Unglueck anzuziehen. Schluessel und Papiere lagen nicht im Haus und Aref weigerte sich, etwas zu unternehmen, was die Herausgabe der Fahrzeuge ermoeglichte.
Daraufhin wurde er abermals verpruegelt. Schliesslich erklaerte er sich bereit, unseren Fahrer Salim anzurufen, damit dieser die Papiere und Schluessel bringt. Die Einbrecher liessen Aref allein ans Telefon gehen, so dass Aref Salim erklaeren konnte, was los war. 
Salim ist Tadschike aus der Gegend noerdlich von Kabul. Er hat bei den neuen Herren ganz gute Karten und ging zum Innenminister Qanuni. Dieser schickte seinen Stellvertreter mit. Der war zwar unbewaffnet aber riesengross. Es gelang ihm, die bewaffneten Banditen zum Abzug zu bewegen. Allerdings drohten sie zurueckzukommen. Dann wollte sie Aref, der sie reingelegt habe, umbringen und die Fahrzeuge doch noch mitnehmen.

Obwohl es Freitag war, gelang es, die anderen Mitarbeiter zusammen zu trommeln. Es kam dann auch ein General des Sicherheitsministeriums zu Besuch. Alle hohen Herren vom
Innen- und Sicherheitsministerium waren beeindruckt davon, dass OFARIN die Belegschaft des Aliabad-Krankenhauses und die Lehrer der Schulen besoldet hatte. Sie freuten sich darueber, dass eine Oranisation da ist, die jetzt schon hilft. Und die Funktions- Tuechtigkeit der Krankenhaeuser habe unter den gegebenen Umstaenden allererste Prioritaet. 
Der General stellte einen Brief aus, in dem steht, dass die
Organisation OFARIN eine gute Organisation ist und unter dem Schutz der Behoerden steht. Man duerfe ihr nichts tun. Er hinterliess eine Telefonnummer, wo unser Buero im Notfall jederzeit anrufen kann. 

Die Kollegen wollten nun am Telefon von mir wissen, wie sie sich verhalten sollten. Ich schlug vor, entweder die Fahrzeuge
nach Logar zu fahren, wo sie auf dem Anwesen unseres Kollegen Faruq relativ sicher sind oder sie in Kabul zu lassen, aber die Raeder abzumontieren und im Hause eines der Mitarbeiter aufzubewahren. Faruq meinte, dass man die Fahrzeuge nach Logar bringen soll. Der Rest der Belegschaft war aber der Meinung, dass die Lage in der Provinz auch nicht so sicher sei und dass die Fahrzeuge jetzt, unter dem Schutz der Regierung, besser aufgehoben seien. Die Raeder werden abgenommen und im Hause von Salim eingelagert.
Heute morgen sind dann auch Panzer in Richtung Logar ausgerueckt. Das scheint noetig zu sein, weil der einst von Pakistan gefoerderte Kriegsverbrecher Gulbuddin Hekmatyar versucht, in Logar Fuss zu fassen. 

Lohnzahlungen für Krankenhäuser fortgesetzt

Wir werden nun auch Gehaelter an das Antony-Krankenhaus auszahlen. Dieses Krankenhaus ist uns als ein weiteres Krankenhaus benannt worden, dessen Mitarbeiter nicht bezahlt werden. Es ist auf die Behandlung von Infektionskrankheiten spezialisiert und hat knapp 100 Mitarbeiter. Wir wussten noch nicht, ob unser Hilferuf vom letzten Rundbrief uns diesen Schritt ermöglichen wird. Aber wir hofften, dass uns notfalls andere
Organisationen unter die Arme greifen. Deshalb wurde beschlossen, die Lohnauszahlung an das Antony-Krankenhaus in die Wege zu leiten. Inzwischen hat die Organisation CPHA von Karla Schefter zugesagt, vier Lohnauszahlungen im Aliabad- Krankenhaus zu übernehmen. CPHA wird auch sehen, dass das
Aliabad-Krankenhaus einige Medikamente und Verbrauchs- Material erhaelt. Um der gebotenen Eile Willen war es noetig, dass OFARIN die Auszahlung von Loehnen an das Antony- Krankenhaus jetzt vorfinanziert. 
Inzwischen wurde mit dem Kart-e-Seh-Krankenhaus ein weiteres scheinbar unversorgtes Krankenhaus identifiziert. Es soll etwa 50 Mitarbeiter haben. OFARIN wird sich nach Kraeften um diese kleineren Krankenhaeuser bemuehen. 

Dr. Ehsan von LEPCO in Jaghori ermordet

Dr. Ehsan von LEPCO ist in Jaghori ermordet worden. Genaueres ist ueber das Ereignis noch nicht bekannt, obwohl es sich schon vor einigen Wochen zugetragen hatte. Dr.Ehsan ist einer von zwei ausgebildeten afghanischen Aerzten von LEPCO. Er war in Jaghori eingesetzt, war aber bereits nach Waras versetzt worden.
Ungluecklicherweise hatte er dem Marschbefehl nicht fristgerecht Folge geleistet. Die Taeter waren nicht-lokale Taliban, d.h. keine Hazara, sondern Paschtunen oder Auslaender. Damals herrschten die Taliban noch in Jaghori. 

Reise nur nach Peschawar möglich - Afghanistan z.Zt. unerschwinglich

Meine Reise nach Peschawar wird vom 3. bis 21.12. stattfinden. Es wird mir vermutlich nicht gelingen, nach Afghanistan einzureisen. Der in der Region herumtollende Journalistenzirkus hat das Preisgefuege vollkommen zerstoert. Eine Hotel- Uebernachtung, die bisher 50 $ kostete, kostet jetzt 250 $. Fuer die Passage von Peshawar an die Grenze muessen jetzt hohe Schmiergelder entrichtet werden. Bisher war das nie die Uebung. Auf Grund der Ermordung einiger Journalisten auf der Strecke von der Grenze in Torkham nach Kabul, mieten sich Journalisten jetzt fuer diesen Abschnitt Bewaffnete. Dafuer zahlen sie 1000 $ und mehr. Wo solch die Scheckbuecher der Journalisten herrschen, steht die humanitaere Hilfe auf verlorenem Posten. 

Gaenzlich unerschwinglich fuer normale Menschen, aber total ausgebucht, sind Fluege mit der UNO nach Kabul. Frueher
waren sie mit 250 $ schon sehr teuer. Jetzt kosten sie auf Grund der sehr hohen Versicherungsgebuehren das Zehnfache. Auch alle anderen Einreisemoeglichkeiten nach Afghanistan sind derzeit aehnlich teuer. Ich werde mich darauf beschraenken muessen, mich mit einigen Kollegen aus Kabul in Peshawar zu treffen und
Gespraeche mit Vertretern anderer Organisationen zu fuehren.

Mit freundlichen Gruessen, 
Peter Schwittek

- Fortsetzung

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