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seit dem 22.10.2002 ist im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt eine
Fotoausstellung über Afghanistan mit Bildern des nigerianischen Fotographen
Simon Norfolk zu sehen. Dieser erhielt für seine Afghanistanbilder
kürzlich den European Publishing Award.
Zur näheren Information über die Ausstellung drucken wir hier
die Presseerklärung des Deutschen Architekturmuseums Frankfurt ab:
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Rostende Hülsen von Flugabwehr Munition auf dem \'Radio-TV Mountain Kabul\' |
Ausstellung in der Aktuellen Galerie des Deutschen Architektur Museums in Zusammenarbeit mit der Galerie Fotografie Forum International, Frankfurt am Main und der Agentur Growbag, London. 23. Oktober - 24. November 2002 |
Ein Regierungsgebäude dicht beim Präsidentenpalast in Kabul |
Afghanistan ist einzigartig, völlig verschieden von jeder anderen vom Krieg zerstörten Landschaft. Die schiere Länge des Krieges, der nun schon seit 24 Jahren andauert, hat den Ruinen eine bizarre Schichtung verliehen - verschiedene Zeitpunkte der Zerstörung, die einander wie Sedimente überlagern. Eine Parallele kann man zur Entdeckung Trojas durch Heinrich Schliemann in den 1870er Jahren ziehen. Bei seinen Grabungen fand er neun übereinander gelagerte Städte, jede einzelne auf den Trümmern ihrer Vorgängerin erbaut und später ihrerseits zerstört. Michail Bachtin bezeichnete eine solche Landschaft als 'Chronotop': ein Ort, der die gleichzeitige Bewegung durch Ort und Zeit ermöglicht, der zeitliche Schichtungen sichtbar macht. Afghanistan als 'Chronotop' zu betrachten, führt die zerstörten Gebäude in der Landschaft wieder auf die Geschichte dieser menschlichen Katastrophe zurück. Die archäologischen Überreste sind die einzigen Zeichen des furchtbaren Leidens, das der moderne Krieg anrichtet. Ein Leiden, das in der allgemeinen Medienberichterstattung auf so entsetzliche Weise unterschlagen wird. Das Betongerippe eines Teehauses, die nackten Überreste eines Busbahnhofs oder die Ruine eines klassizistischen Regierungsgebäudes erinneren in ihrer grotesken Präsenz an apokalyptische Visionen einer in ihrem Zerstörungspotenzial nahezu unvorstellbaren Gewalt. Simon Norfolk wurde 1963 in Lagos, Nigeria, geboren. Eine Ausstellung seiner Arbeiten aus Afghanistan, genannt 'Afghanistan Zero' oder 'Afghanistan: Chronotopia', findet gleichzeitig sowohl in der Aktuellen Galerie des Deutschen Architektur Museums als auch in der Open Eye Gallery, Liverpool, der Side Gallery, Newcastle, auf dem Hereford Photography Festival, in der Trace Gallery, Weymouth, der Photofusion Gallery, London, dem British Council, London, und der Blue Sky Gallery in Portland, Oregon, statt. Simon Norfolks Arbeiten befinden sich in Privatsammlungen und in den Sammlungen des Portland Art Museums, Oregon; des British Council, des Houston Museum of Fine Arts und des Weismann Art Museum in Minneapolis. 2002 erhielt er einen Silver Award der Association of Photographers und seine Arbeiten aus Afghanistan wurden mit dem European Publishing Award ausgezeichnet. Dadurch wurde das Erscheinen seines Buches im September 2002 ermöglicht, das während der Ausstellung im Deutschen Architektur Museum erhältlich ist. Eine Auktion der ausgestellten Bilder findet auf der Finissage am Sonntag, den 24. November, um 15 Uhr im Deutschen Architektur Museum statt. Gleichzeitig mit der Ausstellung erscheint das Buch von Simon Norfolk,
Afghanistan Zero, Fotografien Simon Norfolk, 96 Seiten, 40 Farbabbildungen,
Edition Braus, 39,90 €.
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Informationen: |
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Diese Moschee- Schulen betreibt OFARIN gemeinsam mit dem Ministerium für Islamische Angelegenheiten. Das ist für die Moscheen zuständig. Der Minister und seine Stellvertreter sind Mullahs. Deshalb wirft man uns in Deutschland manchmal vor, wir ließen uns mit "Radikalen" ein. Wir geben sogar zu, dass wir mit diesem Ministerium schon zu Taliban- Zeiten zusammen gearbeitet haben: Damals hatten uns die Mullahs dieses Ministeriums dazu gedrängt, ein Schulprogramm in den Moscheen zu veranstalten. Sie wollten, dass auch Mädchen normalen Schulunterricht erhielten. In Moscheen war das möglich. Die Gleichung "Jeder Mullah ist ein Radikaler" war schon damals falsch. Und heute bräuchte man sich keine Sorgen um die Zukunft Afghanistans zu machen, wenn in der Kabuler Regierung nur so verantwortungsbewusste und geistig bewegliche Minister und Beamte säßen, wie in diesem Mullah- Ministerium. In den letzten hundert Jahren war die Geschichte Afghanistans vor allem
eine Auseinadersetzung zwischen Modernisierern und Traditionalisten. Eine
städtische Minderheit wollte Afghanistan nach dem Vorbild der Industrieländer
umgestalten: Die Verwaltung, das Rechtswesen, eine Armee mit Wehrpflicht,
Schulen mit Schulpflicht und Sitzenbleiben - alles sollte so sein, wie
in Belgien oder in Ungarn. Die Mehrheit der Bevölkerung - auch die
Geistlichkeit - verstand diese Absichten nicht. Die Regierung hielt die
Mullahs aus dem öffentlichen Leben heraus, damit sie nicht störten.
Die Mullahs rächten sich. Sie sabotierten die Modernisierungs- Versuche
der Regierung. Sie erklärten den Eltern, dass der Besuch staatlicher
Schulen eine Sünde sei. Eine Politik, die die gesamte Geistlichkeit
an den Rand der Gesellschaft drängte, musste in einem so religiösen
Land wie Afghanistan scheitern. Sie spaltete die Gesellschaft immer mehr
und führte schließlich zum Bürgerkrieg.
Jetzt möchte das Ministerium, das für Mullahs und Moscheen zuständig ist, an der Lösung wichtiger gesellschaftlicher Aufgaben mitwirken. Wenn Moscheen dabei helfen, soziale Probleme zu lösen und Schulwissen zu vermitteln, können sich die Mullahs als ein wichtiger Teil vom Ganzen fühlen. Sie müssen nicht fürchten, dass man sie - zusammen mit der Religion, die sie vertreten - ins Abseits drängen will. Sie werden sich praktischen Problemen stellen. Sie werden weder die Zeit haben, noch einen Anlass sehen, sich in ihren Moscheen zu verkriechen, um dort die Gläubigen aufzuhetzen. OFARIN hat im Moschee- Schulprogramm einige Jahre mit Mullahs zusammengearbeitet. Es wurde nie über die Dreifaltigkeit diskutiert, an der sich Moslems gerne reiben. Auch die Absichten des Präsidenten Bush spielten keine Rolle. Vielmehr haben wir gemeinsam überlegt, wo man weitere Schulklassen unterbringen kann oder wie man mit Lehrern umgehen soll, die ihren Unterricht nicht pünktlich beginnen. Wir haben erlebt, dass solch' alltägliche Zusammenarbeit zu gegenseitiger Achtung und schließlich zur Freundschaft führt. Wenn wir mit Vertretern des Ministeriums zusammensitzen, geht es manchmal
auch um Wunschpläne. Das Moschee- Schul- Programm wird von etwa 4000
Schülern besucht. Es müsste in viel mehr Moscheen angeboten werden.
Der Lehrer, der an sechs Tagen in der Woche je zwei Stunden Unterricht
gibt, verdient 1000 Rupien, d.h. 18 Euro im Monat. Dennoch reicht das Geld,
das uns der Deutsche Caritasverband zur Verfügung stellt, bestenfalls
für unsere derzeitigen elf Moscheen.
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Im Winter gibt es traditionell gut drei Monate Schulferien. Dann ruht auch das Moschee- Schul- Programm. In dieser Zeit sitzen Mädchen und Jungen in den engen Wohnungen ihrer Eltern herum. Viele Kinder, die keine Schule besuchen, würden in dieser Jahreszeit an einem Unterricht teilnehmen. Andere, die in staatliche Schulen gehen, würden gerne im Winter das nachholen, was ihnen in den anderen Jahreszeiten nicht beigebracht wurde, weil der Lehrer kaum da war. Man müsste Winterunterricht anbieten. Der Minister für Islamische Angelegenheiten, seine Stellvertreter und die Abteilungsleiter stecken voll von solchen Plänen. Wir haben die gleichen Wünsche. Aber wir müssen mit den Achseln zucken. Auch Monatsgehälter von 1000 Rs müssen erst einmal aufgebracht werden. Für alle Fälle möchte ich diejenigen unter unseren Lesern,
die unsere Beweggründe nachvollziehen können, auf unser Spendenkonto
hinweisen:
Kabul, 29.9.2002 Peter Schwittek, Programm-Koordinator OFARIN
Anmerkung der Redaktion: Die Bilder vom den Schulunterricht, die Sie in diesem Text finden, wurden während der letzten Jahre von Mitgliedern von OFARIN in anderen afghanischen Schulen aufgenommen. Weitere Informationen finden Sie unter: |
- Dies ist der pure Sachverhalt, um den herum es seit nunmehr 2 Wochen soviel Wirbel gibt. Der 'Wirbel' scheint zunächst durch das deutsche WIE hervorgerufen:
In Deutschland war Wahlkampf. Schröder wird vorgeworfen, dieses "Nein"
allzu laut "auf Marktplätzen" hervorgestoßen zu haben. Stoiber
und Merz, in der Sache - angeblich und vermutlich auch tatsächlich
- der selben Meinung, kritisierten das offene, öffentliche Wort des
Kanzlers und mahnten ihn mehrfach ebenso laut und öffentlich, mit
Bush "zu telefonieren"...
Der 'Wirbel' wird nun aber, nachdem die Wahl entschieden und die deutschen Bemühungen um Besänftigung mehr als deutlich zu erkennen sind, von Präsident Bush, US- Verteidigungsminister Rumsfeld und Gefolgsleuten weiter gepflegt und angeheizt: Amerika will offensichtlich keine Kritik, sondern uneingeschränkte Gefolgschaft. Dies ist das Erste, was uns diese Reaktionen vor Augen führen. Es geht Amerika auch nicht darum, in der Sache zu überzeugen, denn sonst wäre man gesprächsbereiter. Das Zweite was wir aus den mittlerweile schon recht brüskierenden
Äußerungen und Verhaltensweisen lernen, ist, dass offensichtlich
tatsächlich Schröder, Fischer und Struck in der Sache richtig
liegen und nicht Bush und Rumsfeld. - Warum?
Was tun? - NICHTS! Die Medien und vor allem auch Stoiber, sollten aufhören, einen 'Gang nach Canossa' zu verlangen. Hier sind Ruhe, Sachlichkeit und Professionalität, vor allem aber Distanz gefragt: Es ist nicht nötig, nun eine besondere 'Gefolgschaft' oder 'Bündnistreue' beweisen zu wollen, indem man sich voreilig noch stärker in Afghanistan engagiert. Die Anfragen an die Deutschen werden von alleine kommen, denn Deutschland IST ein potenter Partner im Kampf gegen den internationalen Terrorismus! Hier gibt es nichts zu beweisen. Im Gegenteil: Amerika kann nicht wollen, dass Deutschland sein Engagement, das an die Grenzen auch der finanziellen Belastbarkeit heranreicht, herunterschraubt. Das Bild, das Amerika in den letzten Wochen und Monaten von sich selbst
zeichnete, ist wenig vorteilhaft. Es sieht so aus:
Die Welt, und damit insbesondere Europa, aber auch Russland, sollten
sich langfristig darauf einstellen einzudämmen - und zwar mit Fingerspitzengefühl.
Denn vorsichtiges Misstrauen gegenüber den USA ist angesagt. Da hilft
auch kein Verweis auf die Vergangenheit. Dass eine Supermacht dem Wunschbild
des 'gerechten Weltpolizisten' nicht gewachsen ist, liegt auf der Hand
und muss berücksichtigt werden.
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Kabul, 17.9.2002 - Afghanistan leidet unter der Dürre. Vielerorts
gibt es kein Trinkwasser mehr. OFARIN wollte für zwei Schulen in Chak-e-Wardak
Trinkwasserbrunnen anlegen.
Der Brunnen des Kabuler Aliabad- Krankenhauses gab schon im Juli nichts mehr her. Man muss kein Arzt sein, um zu ahnen, was es heißt, dass ein Krankenhaus kein Wasser mehr hat. Das Aliabad- Krankenhaus hat mächtige Förderer. Das Rote Kreuz (ICRC) schickte ein Team, das nach Wasser bohrte. Die Bohrung blieb bei 35 m stecken. Das Team zog wieder ab. Die Krankenhausleitung setzte ihre Hoffnung auf eine Organisation, die in Afghanistan weniger Autos einsetzt als das ICRC Flugzeuge. Die Ordensschwester Mariam arbeitet im Aliabad- Krankenhaus. Sie hatte schon OFARINs Notlohnzahlungen an ihr Krankenhaus vermittelt. Nun kam sie wieder zu uns. Wir hatten noch etwas Nothilfe- Geld vom DCV, konnten aber erst nach Wochen einen 16-Zoll- Rammbohrer mit Bedienungsmannschaft anwerben. Nur ein schweres Gerät hatte gegen die schwierige Gestein eine Chance, an dem das ICRC-Team gescheitert war. Trinkwasser für ein Krankenhaus war natürlich wichtiger als Trinkwasser für die Schulen in Wardak. Die Mannschaft, die wir engagiert hatten, arbeitete professionell. Nach drei Tagen Bohrens war man auf 70 m Tiefe, wo es beliebig viel Wasser gab. OFARINs Ingenieur Abdullah, der solche Arbeiten mit viel Übersicht und Energie leitet, besorgte eine Pumpe und Rohre und ließ den Brunnen an den Hochbehälter anschließen. Als wir durchatmen wollten, bat man uns ins Antony- Krankenhaus. Auch der Brunnen dieses einzigen Krankenhauses für Infektionskrankheiten lag trocken. In Eimern trug Krankenhaupersonal Wasser aus der Umgebung herbei. Bohrer und Bohrmannschaft mussten in Kabul bleiben. Im Antony- Krankenhaus stieß das schwere Gerät in gut 20 m Tiefe auf Fels. Pro Tag kam es keinen Meter mehr voran. In dieser Tiefe gab es Wasser. Aber reichte das für ein Krankenhaus? Wir wollten das Wasser abpumpen und messen, wie viel nachlief. Bevor wir diesen aufwendigen Versuch begannen, gab der Fels doch noch nach. Der Bohrer war durch. Das Wasser floss. Das Bohrloch muss noch ordentlich gefasst werden. Die Verbindung zu den Trinkwasserleitungen des Krankenhauses wird die GTZ herstellen. Sie trägt auch die Kosten unseres Engagements an diesem Ort. Nun bat der stellvertretende Gesundheitsminister um einen Brunnen für das Ibnisina- Krankenhaus. Dort koche man Wasser des Kabul- Flusses ab, um Trinkwasser zu erhalten. Der "Fluss" ist eine stehenden Brühe. Inzwischen waren wir dort. Der Minister hatte nicht übertrieben. Das Bohr- Team traut sich das zu. Die Schulen warten weiter. Schließlich wandte sich das Krankenhaus in Maidanschahr an uns. Es hatte kein Wasser mehr. Auch das haben wir uns angesehen. Das Krankenhaus ist nicht groß. Aber Bedarf an Trinkwasser ist auch hier gegeben. Und Maidanschahr liegt in der Provinz Wardak - auf halbem Weg zu den Schulen in Chak. Anmerkung der Redaktion:
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Als Herausgeber des LeineBlicks bitte ich Sie: Unterstützen Sie
OFARIN, die "Organisation zur Förderung Afghanischer Regionaler Initiativen
und Nachbarschaftshilfen e.V." - eine Initiative zur sachkundigen und tatkräftigen
Unterstützung des Afghanischen Volkes, die ganz sicher schon seit
Jahren einen wertvollen Beitrag zum guten Ansehen Deutschlands in Afghanistan
und zur Völkerverständigung im allgemeinen leistet.
Hier der jüngste Brief von Peter Schwittek:
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Peter Schwittek |
Während bombardiert wurde, die Taliban flohen und die Soldaten der Nordallianz von Kabul Besitz ergriffen, berichtete das OFARIN-Büro regelmäßig über Satelliten- Telefon, wie es in der Stadt aussah. Dadurch konnte OFARIN äußerst wichtige Nothilfe leisten. Es wurden Trinkwasserbrunnen und eine Zisterne angelegt. Die Wasserversorgung einer Plattenbausiedlung wurde mit OFARINs Hilfe wieder instand gesetzt. Familien, deren Fenster- Scheiben durch die Bombardements zu Bruch gegangen waren, wurde geholfen, je einen Wohnraum wieder zu verglasen. Die Angestellten der Krankenhäuser waren Monate lang nicht besoldet worden. Nach der Flucht der Taliban verloren Ärzte, Schwestern und Helfer jede Hoffnung, Geld für ihre Arbeit zu bekommen. Um ihre Familien durchzubringen, sahen sie sich nach anderem Broterwerb um und kamen kaum noch zur Arbeit. OFARIN konnte Notlöhne an die Belegschaften einiger Krankenhäuser zahlen. Die Angestellten kamen wieder zur Arbeit. Der Betrieb der Krankenhäuser wurde aufrecht gehalten. Befreundete Organisationen wie CPHA (das Komitee betreibt ein Krankenhaus in Chak-e-Wardak, das von Karla Schefter geleitet wird), Freundeskreis Afghanistan, Eine-Welt- Initiative Würzburg und Deutscher Caritasverband (DCV) unterstützten OFARIN bei diesen Aktionen und viele Mitbürger halfen mit ihren Spenden.. Als sich der Pulverdampf verzog, strömten Journalisten und sehr viele Organisationen nach Kabul, für die Geld keine Rolle spielte. Die Mieten verzehnfachten sich. OFARIN konnte sein altes Büro nicht mehr bezahlen. Wir fanden ein neues, mußten aber Haus und Grundstück vollkommen überholen. Erst nach Wochen gab es Wasser und Strom. Büroarbeit fand monatelang kaum statt. Trotz der Bombardements lief der Betrieb der Moschee-Schulen bis zum Wintereinbruch weiter. Im Frühjahr 2002 wurde das Programm, das vom DCV unterstützt wird, fortgeführt. Die Anzahl der Schüler ging auf 4000 zurück, blieb dann aber konstant. |
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CPHA (siehe oben!) wollte in der Umgebung seines Krankenhauses in Chak-e-Wardak ein Schulprogramm einrichten. Man hatte das Geld dafür, doch nicht die Fachleute. Jetzt neu angekommene Organisationen muten sich mit wenig Fachwissen jedes Programm zu, für das sie Geld bekommen. CPHA dagegen ermunterte OFARIN in Chak-e-Wardak ein Schul- Programm mit CPHA-Mitteln durchzuführen. OFARIN ging gerne darauf ein. OFARIN wollte für zwei Schulen in Chak Trinkwasserbrunnen errichten und bemühte sich darum einen Rammbohrer mit Bedienungsmannschaft zu mieten. Bevor es soweit war, bat uns das Aliabad-Krankenhaus in Kabul um Nothilfe. Der Trinkwasser- Brunnen war versiegt. OFARIN verfügte noch über Nothilfemittel des DCV und engagierte sich. Kabul, 17.9.2002
Wenn Sie die Hilfe OFARIN unterstützen wollen spenden Sie auf das
Konto:
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Am Dienstagabend (2.9.) ging eine Bombendrohung gegen die Deutsche Botschaft ein (Ein Botschatsangehöriger: "Die Nachricht kam aus sehr zuverlässiger Quelle. Bitte, halten Sie sich nur so lange wie nötig hier in der Botschaft auf!"). Die Botschaft wurde weiträumig abgesichert. Man kam nur zu Fuß näher als 200 m an die Pforte heran. Das Personal, das sich seitdem dort aufhält, ist eine absolute Notbesetzung. Am Mittwochabend hielt der Staatspräsident Karzai eine Rede, die
von Radio und Fernsehen übertragen wurde. In dieser kündigte
er die Währungsreform an, über die es vorher schon eine Zeit
lang Gerüchte gegeben hatte. Ein Austausch der alten gegen neue Afghani
im Verhältnis 1000 zu 1 ist vorgesehen.
Aus dieser Quelle werden Fahim und Rabbani bald nicht mehr schöpfen können. Die neuen Devisen wurden in Deutschland hergestellt. Doch wäre es zuviel der Spekulation, die Drohung gegen die deutsche Botschaft damit in Verbindung zu bringen? Ansonsten sorgte Karzai in seiner Rede eher für Beruhigung. Er versprach, daß jeder Gelegenheit haben werde, sein altes Geld umzuwechseln. Am Mittwoch wurde auch eine Rede von Gulbuddin Hekmatyar verbreitet,
die dieser irgendwo auf Kassette gesprochen hatte. Hekmatyar rief zum Jehad
gegen alle Ausländer in Afghanistan auf. Erst wenn die fremden Truppen
verschwunden seien - und auch die anderen Ausländer, werde wieder
Ruhe in Afghanistan einkehren. Hekmatyar war eine der übelste Figuren
des afghanischen Widerstandes gegen die Sowjets und die Kommunisten. Er
hat weit mehr Widerstandskämpfer anderer Gruppierungen als Soldaten
der kommunistischen Regierung umbringen lassen und etliche Meuchelmorde
auf dem Gewissen. Jetzt hat er fast keine Anhänger mehr. Es gab nie
ein größeres Siedlungsgebiet, in dem er eine Basis gehabt hätte.
Er war nur dadurch stark, daß ihm die Pakistaner während des
Krieges gegen die Kommunisten über die Hälfte des westlichen
Waffen'segens' zuschoben und ihn danach, im innerafghanischen Bürgerkrieg,
selber sponsorten, bis sie ihn fallen ließen und zu den Taliban umschwenkten.
Die Rede Hekmatyars fand vor allem in den pakistanischen Medien eine ausführliche
Beachtung, was kein gutes Zeichen sein dürfte. In Afghanistan ist
Hekmatyar verhaßt
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Der Verfemte war Hadschi Qalamuddin. Im Jahre 1998, unter den Taliban, war er Minister für die Religionspolizei. Sein Ministerium schickte Trupps von Taliban aus, die vor allem Frauen mit Stromkabeln schlugen, wenn sie nicht total verschleiert waren, wenn sie bettelten oder wenn sie sich ohne männliche Begleitung aus dem Haus gewagt hatten. Sie verhafteten auch Männer, wenn sie ihren Bart gestutzt hatten. Sie schlossen Geschäfte, die während der Gebetszeiten geöffnet blieben, so dass Inhaber und Kunden nicht in die Moschee gingen. Das Ministerium verbreitete allenthalben Angst und Schrecken. Für die Kollegen von den westlichen Hilfsorganisationen war Hadschi Qalamuddin die Verkörperung des Bösen. Mir war Hadschi Qalamuddin aufgefallen, als ein Mullah zu uns kam und uns bat, Schulunterricht für Jungen und Mädchen in seiner Moschee zu unterstützen. Als ich dem Mann erklärte, dass er Schwierigkeiten mit der Regierung bekommen werde, schüttelte er den Kopf und legte mir einen Brief vor, in dem ihm erlaubt wurde, für Jungen und Mädchen Schulunterricht zu erteilen. Der Brief war von Hadschi Qalamuddin unterzeichnet. Bald danach lernte ich den stellvertretenden Bürgermeister von Kabul kennen. Natürlich war auch er ein Mullah. Er hatte in seiner Ausbildung zum Geistlichen gelernt, dass Frauen ihre Gesichter, ihre Hände und ihre Füße in der Öffentlichkeit zeigen dürften. Das hatte er Hadschi Qalamuddin vorgehalten und ihm vorgeworfen, dass er die Frauen prügeln ließ, wenn sie die Rechte wahrnehmen, die ihnen von der Religion her zustehen. Qalamuddin habe ihm bestätigt, dass diese Rechte der Frauen auch seinem theologischen Wissensstand entsprächen. "Aber man zwingt mich dazu, sie schlagen zu lassen, wenn sie nicht total verschleiert sind." Der Minister für die Religionspolizei hatte also damals Schwierigkeiten, das Monopol auf die Durchsetzung der religiösen Gebote zu behaupten. Das Justiz- und das Verteidigungsministerium schickten eigene Talibantrupps aus, die ebenfalls Gewalt gegen Menschen ausübten, die sich nicht in den Taliban-Islam einfügten. Qalamuddin protestierte mehrfach gegen solche Kompetenz- Überschreitungen anderer Minister. Jedenfalls merkten die Radikalen, dass er nicht ganz linientreu war. Nach einem Jahr wurde er zum Zweiten Stellvertretenden Minister für
Islamische Angelegenheiten heruntergestuft. Dadurch lernte ich ihn persönlich
kennen, denn inzwischen war unser Unterrichtsprogramm für die Moschee
des einen Mullahs zu einem gemeinsamen Programm des Ministeriums für
Islamische Angelegenheiten und OFARINs geworden:
Hadschi Qalamuddin verlor dann auch den Posten des Stellvertretende
Ministers und wurde Leiter des Olympischen Komitees. Immerhin behielt er
Kabinettsrang. Irgendwie konnten die Taliban ihn aus Gründen des innerpaschtunischen
Gleichgewichtes nicht ganz ausbooten. Er blieb auch in dieser Position
ein wertvoller Ratgeber: "Wende Dich in der Angelegenheit nicht an Mullah
Hassan, den Kabinettschef. Der ist engstirnig. Geh zum Außenminister!
Der ist in Ordnung."
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misstrauisch beäugten. Wir fragten sie, ob der Hadschi zu Hause sei. Schließlich gingen einige der Einheimischen zu seinem Haus, um ihm mitzuteilen, wer da im Anmarsch sei. Er kam uns sofort entgegen und empfing uns äußerst herzlich und etwas gerührt. Wir betraten ein sehr schönes Haus. Viele Fenster erlaubten einen weiten Blick über das fruchtbare Tal, das jetzt unter der Dürre litt. Uns fielen einige Betten auf. Im ländlichen Afghanistan schläft man sonst auf Baumwoll- Matratzen, die auf der Erde ausgelegt werden. In den Schränken standen viele Bücher in Persisch, Paschtu und Arabisch. Auch das findet man auf dem Land nur ganz selten. Es wurde viel über die Dürre geredet und die verschiedenen Versuche, Brunnen zu graben. Irgendwann kam die Rede dann auf die Politik. Qalamuddin meinte, die al Qaida und die anderen fanatischen Araber, die radikalen pakistanischen Parteien und der pakistanische Geheimdienst ISI seien von außen über Afghanistan hergefallen wie zuvor die Engländer oder die Russen und wie jetzt die Amerikaner. Dergleichen sei man hilflos ausgeliefert. Die Araber und Pakistaner seien Feinde des afghanischen Volkes. Die Afghanen seien keine Terroristen. Aber jetzt werden sie mit den arabischen Fanatikern in einen Topf geworfen. Kein Verständnis hat er für Rädelsführer wie den Zadran- Paschtunen Batscha-Khan, der in den Provinzen Paktia, Paktika und Khost einen Guerillakrieg gegen die Amerikaner und die Regierungstruppen führt und sich für den Erben der Taliban hält. Der Präsident Karzai habe die führenden Taliban nach Kandahar eingeladen und ihnen angeboten, dort unbehelligt weiter leben zu können. Der größte Teil des Talibankabinetts habe davon Gebrauch gemacht. Batscha Khan hätte dieses großzügige Angebot auch nutzen sollen, anstelle weiter für Unruhe zu sorgen. Er erzählte uns, dass er vor einigen Wochen eine Gruppe von Ausländern
und Afghanen getroffen habe, die in seiner Gegend etwas untersuchten, um
ein Hilfsprojekt durchzuführen. Man habe sich freundlich unterhalten
und er habe die Herrschaften zum Essen eingeladen. Sie hätten zugesagt,
doch dann seien sie plötzlich fluchtartig verschwunden.
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Verwunderung sei stets groß gewesen, wenn er das bejaht habe und auch noch berichtet habe, dass er Vater mehrerer Töchter sei. Einmal wollten Ausländer mit einer Tochter sprechen. Dem habe er zugestimmt. Sie hätten das Mädchen besucht. Bald darauf habe ihn der Vertreter der Taliban in den USA angerufen. In amerikanischen Zeitungen stehe, dass die Tochter des afghanischen Ministers für die Religionspolizei in die Schule gehen und Ärztin werden wolle. Ob das zutreffe. Er konnte darauf nur sagen, dass er bei dem Gespräch nicht dabei gewesen sei. Aber zutreffen könne das schon. .. Inzwischen ist meine Frau zu den Frauen und Töchtern der Familie
verschwunden. Die Mädchen bedauern es, nicht in der Stadt zu wohnen.
Hier auf dem Land könnten sie nicht zur Schule gehen. Es gäbe
zwar in der Gegend eine weiter führende Jungenschule. Aber Mädchen
dürften ihr Dorf nicht so weit verlassen, als dass sie auch dorthin
gehen könnten.
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