Taganara an der Nordküste Teneriffas
Winterreise:
Geheimtipp Teneriffa
- von Dr. Wolf Lustig -

3.2.2001 - Man sollte es kaum glauben, eines der liebsten Ferienziele der Mittel- und Nordeuropäer hat - genauer betrachtet - ziemlich viele unentdeckte Seiten, man muss nur den richtigen Zugang wählen, der für viele Sonnenhungrige vielleicht auch wieder zum Glück der falsche ist. Wer kein Freund des Massentourismus ist, sollte für eine Reise auf die Guancheninsel erstens die Wintermonate wählen (man kann zwar nicht in der Sonne braten, aber doch - gewusst wo - baden und noch einiges mehr) und zweitens als Ausgangspunkt ein Städtchen

 an der Nordküste etwa die alte Hauptstadt La Laguna mit ihrem 

intakten "kolonialen" Stadtbild oder die
ehemalige Hafenstadt Garachico, die im 18. Jahrhundert Opfer eines Vulkan- Ausbruchs wurde und seitdem in einen Dornröschenschlaf verfallen ist. Das ist zwar ein guter Tipp, der freilich nicht ganz so leicht zu realisieren ist, denn beide Orte (La Laguna hat immerhin weit über 100.000 Einwohner) verfügen offenbar über fast keine Unterkunftsmöglichkeiten. Der Massentourismus konzentriert sich so gut wie ausschließlich auf die Westküste, die zwar über die größten Strände verfügt, aber landschaftlich eher unattraktiv ist, und den Rest geben der wüstenähnlichen Einöde die Plastikgewächshäuser, in denen auf Kosten der knappen Grundwasserreserven Unmengen EU-subventionierter Bananen gezogen werden.

Und die Ansammlungen von Hotelburgen sind doch nur unscheinbare Ameisenhäufchen vor dem gewaltigen


Vulkankegel des Teide
dem oft mit einem netten Wolkenkäppchen bedeckten höchsten Berg "Spaniens" - ja ist Teneriffa überhaupt Spanien? Zum einen könnte man sagen, nicht nur Spanien, sondern sogar Deutschland, denn in Los Cristianos und Playa de las Américas gibt es alles, was es auch in Wanne-Eickel gibt und wahrscheinlich noch schickere Läden und größere Diskotheken, und deutsches Radio und deutsches Fernsehen auf der ganzen Insel, nebst einem komplett deutschstämmigen und -sprachigen Gewerbesektor vom Friseur über den Installateur bis zum Hypnotiseur. Und zum anderen wird doch schnell klar, dass die kanarischen Inseln geographisch, geologisch, klimatisch und botanisch weit weg von Europa zwischen Afrika und Südamerika liegen.

Blick vom Teidegipfel nach Nordosten

Die Inselzeitungen bringen bezeichnender Weise im Regionalteil eine Seite, die "Venezuela, der achten Insel" gewidmet ist, was aber wiederum mit der einstigen Emigration nach Südamerika zu tun hat. Inzwischen geht es den Kanariern besser als den Venezolanern und der Migrationsstrom verläuft in die andere Richtung.
 
 
 

Zurück zum Geheimtipp für eine Winterreise: Seien Sie beharrlich beim Suchen und finden Sie in einem netten Örtchen der Nordküste eine Bleibe,  (vielleicht nicht direkt in Puerto de la Cruz, das sozusagen eine touristische Enklave der Südwestinsel im grünen Norden darstellt), mieten Sie sich einen der preiswerten Mietwagen (die Inseln sind steuerbegünstigt, auch das Benzin kostet nur halb so viel wie in Deutschland) und erkunden Sie je nacht Lust, Kondition und Wetterlage die zwischen Vulkanvorgebirgen eingeklemmten 


Fischernester


die grünen Hänge des Teide oder fahren Sie hinauf,

bis über den "Waldkranz" aus kanarischen Kiefern in die Mondlandschaft des

Cañadas-Kraters auf über 2000 m 
Meereshöhe. Paradoxerweise ist da schon wieder ziemlich viel los, die Menschen kommen aus den Badenestern mit Mietwagen und Bussen und stehen vier Stunden an der Teide-Seilbahn um ein 40-DM Ticket an, um von der Bergstation aus den streng naturgeschützen Vulkangipfel dann doch nicht ganz erklimmen zu dürfen.

Hüten Sie sich vor Voll- oder Halbpension und nutzen Sie den Aufenthalt zu kulinarischen Entdeckungsreisen: papas arrugadas (spezielle Pellkartoffeln in Meerwasser gekocht) mit chili- roten und koriander- grünen mojo- Saucen sind ein überall erhältliches preiswertes und originelles Grundnahrungsmittel, zu dem man sich auch fangfrisches Meeresgetier oder in salmorejo- Beize eingelegtes Kaninchen gönnen darf, und natürlich dazu einen in der Gegend angebauten Qualitäts- oder Tafelwein mit vulkanischem Feuer.


Der grüne Norden der Insel
hat den Vor- oder Nachteil, dass es

 manchmal regnet,
in La Laguna kann es sogar richtig kühl werden. Nutzen Sie diese Gelegenheit zu einem Badeausflug an die Ostküste. Südlich von Güímar regnet es so gut wie nie und irgendwann am Tag ist immer Badewetter - es ist das Land der Baumwolfsmilch tabaiba und der Kandelabereuphorbien, die wie Kakteen aussehen aber keine sind. Hier empfinden wir die ebenso mautfreie wie komfortable, ein wenig landschaftsfeindliche Autobahn als Segen, denn in einer Viertelstunde bringt sie einen von La Laguna sozusagen in ein anderes Land. Alle paar Kilometer sind hier um die mehr oder weniger kleinen,

zumeist vulkankieseligen Strände der Steilküste mehr oder weniger große 

Urbanisationen
entstanden - jedoch zumindest im Winter durchaus von eigenem Charme und minder hässlich - auch hier keine Hotels, es sind fast ausschließlich Ferienwohnungen, deren Besitzer zu maximal 50% Nichtspanier (also Deutsche) sein dürften. Auf jeden Fall kann man sich winters hier - nicht selten als einziger Badegast - in die tiefblauen Fluten stürzen, die auch im Januar noch eine Temperatur von über 20° aufweisen. Aber fahren Sie auch nicht zu weit in den Süden - ums Rumgucken ist man in El Médano, wo Ihnen ein garantierter Sturmwind um die Ohren pfeift, woran sich ausschließlich Windsurfer erfreuen, die allerdings in nie gesehenen Quantitäten.

 Und mehr verrate ich nicht, denn es soll ja doch ein Geheimtipp bleiben, und Sie wollen sicher auch noch selbst etwas entdecken! 
 
 
 

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                                                    (LeineBlick)

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