Dies ist ein Artikel des LeineBlicks, der Internetzeitung aus Garbsen: www.LeineBlick.de


Begegnung im Sauerland:
Anneliese Schmidt-Schöttler - Bildhauerin und Herbergsmutter
- von Wolfgang Siebert -
Nach Finnentrop-Bamenohl fährt man von Hannover über Paderborn, Brilon und Meschede. In Finnentrop-Bamenohl liegt auf halber Höhe über dem Tal die erste nach dem Kriege erbaute Jugendherberge Deutschlands:
Ein schönes kleines Fachwerkhaus, aber unscheinbar auf den ersten Blick...
In der abendlichen Sonne sitzt eine aus der Ferne jugendlich wirkende kleine Frau mit hellblond schimmerndem Pagenschnitt und ist konzentriert mit einem Werkstück beschäftigt.
 Anneliese Schmidt-Schöttler, Herbergsmutter und Bildhauerin, strahlt Ruhe aus, lässt die Straßenkilometer vergessen und lädt dazu ein, die letzten Sonnenstrahlen des Tales zu genießen und zuzuschauen: Wir sind angekommen. - Angekommen an einem jener Kristallisationspunkte dieser Welt, die zum ruhigen Miteinander und zum Innehalten einladen.
Langsam treffen auch die Freunde aus anderen Teilen des Landes mit ihren Kindern ein ...

Alles in dieser für heutige Verhältnisse ganz untypischen Jugendherberge strahlt eine besondere Atmosphäre aus, die an vergangene Jahrzehnte erinnert....

Aber beginnen wir mit dem Anfang und versuchen wir uns in eine Zeit zurück zu versetzen, die mehr als ein halbes Jahrhundert zurück liegt:
 

Von der Entstehung der Jugendherberge

Über die Entstehung dieser privaten Jugendherberge könnte man vermutlich ein eigenes Buch schreiben; hier nur eine Skizze: 1946, ein Jahr nach dem 2. Weltkrieg, als es kaum etwas zu essen gab und jeder sich um die eigene Existenz zu sorgen hatte, begann Jupp Schöttler zusammen mit seiner ersten Frau Agnes im Alter von 45 Jahren mit der Verwirklichung eines Lebenstraumes: Sie bauten sich mit ihren eigenen Händen in einer Lehmkuhle ihre Jugendherberge!  Baumaterial für das Fachwerkhaus waren mit einer Handform selbst gebackene, d.h. luftgetrocknete, Ziegel aus Lehm, Häcksel und Stroh: 15000 Ziegel - hergestellt nach traditioneller Art.

Anfangs wurden die Schöttlers kritisch beäugt und der spätere Herbergsvater, der übrigens mit 19 Jahren bei einem Unfall seinen Unterschenkel verloren hatte, musste nachts sogar sein Baumaterial, das er sich selbst erstellt und überall zusammengebettelt hatte, bewachen, denn eine Jugendherberge erschien vielen damals als ziemlich verrückte Idee.

Aber der schnelle Fortschritt des Baus - das Richtfest konnte bereits nach 48 Tagen, am 19.10.1946, gefeiert werden - überzeugte bald die Nachbarn, die den Schöttlers für den Winter einen ausgedienten Güterwagen als 'Baubude' zur Verfügung stellten. Die Nachricht vom Richtfest der ersten neuen Jugendherberge hatte damals sogar der Rundfunk in seinen Nachrichten verbreitet und die beiden Gründer der Jugendherbergs- Werkes (1909), Richard Schirrmann und Wilhelm Münker, erschienen und pflanzten eine Eiche!

Jupp Schöttlers Motivation, die offensichtlich aus einer im tiefen Sinne weltoffenen Haltung entsprang, wird hier vielleicht am besten aus den nachstehenden Zeilen deutlich:

Bereits 11 Monate nach Beginn der Erdarbeiten, am 11. August 1947, konnte Einweihung gefeiert werden.
Von da an stand das Haus offen für Jugendliche und Erwachsene aus aller Welt.
1967 starb Agnes Schöttler und am 6.3.1980 Jupp Schöttler. Die Jugendherberge wird seitdem ganz im Sinne ihres Erbauers von dessen zweiter Frau, unserer Herbergsmutter Anneliese Schmidt-Schöttler, weiter geführt und ist gleichzeitig seit 1969 darüber hinaus zu einem Atelier geworden. 

Das Atelier

Unsere Besichtigung des eigentlichen Ateliers wird zu einer lebendigen Einführung in die künstlerische Tätigkeit der Bildhauerin. 
Wir erfahren nicht nur alles über die Entstehung und Herstellung der z.T. überlebensgroßen Bronzestatuen, die in vielen Städten der Region, von Olpe bis Dortmund, zu finden sind, sondern wir erhalten auch einen Eindruck von den inneren Bewegungen der Künstlerin, die zu ihren Werken führen. 
Durch alle Exponate wirkt die optimistische Idee des verstehenden Miteinanders der Menschen. Im Beisein der Künstlerin und Herbergsmutter Anneliese Schmidt-Schöttler gewinnt diese Idee Überzeugungskraft und Glaub- Würdigkeit. 

Aus dem Leben der Künstlerin

Anneliese Schmidt-Schöttler (2. v. rechts) wird 1920 als mittleres Kind einer 11köpfigen Kinderschar auf einem Bauernhof in Elkeringhausen im Hochsauerland geboren. Mit 22 Jahren nimmt sie zunächst privat Zeichenunterricht, wechselt aber in den Nachkriegsjahren mehr und mehr zur Bildhauerkunst und wird Meister- Schülerin von Karel Niestrath, der u.a. das Mahnmal zu Ehren von 300 verschleppten Widerstands- Kämpfern und Zwangsarbeitern in Dortmund- Bittermark schuf.
Von 1954 an unterhält die Bildhauerin ein eigenes Atelier in Münster. Bis 1958 studiert sie an der Werkkunstschule Münster die Fächer Schrift, Zeichnen und Bildhauerei. Hier ist sie u.a. Schülerin von Karl Ehlers, der "auf Abstraktion besteht".
Anneliese Schöttler 1968
In dieser Zeit  nimmt Anneliese Schmidt auch Gesangsunterricht und ist Mitglied im Madrigalchor zu Münster, in dem sie auch als Solistin singt und Konzertreisen bis in die USA unternimmt.
1969 verlegt sie ihr Atelier von Münster in die Jugendherberge Bamenohl und heiratet den Herbergsvater Jupp Schöttler. 

Sie bleibt Künstlerin, wird aber gleichzeitig Herbergsmutter, die seit dem Tode ihres Mannes im Jahre 1980 nun mit bereits 82 Jahren beide Berufungen voll ausfüllt: 
Nach wie vor empfängt und beherbergt Anneliese Schmidt- Schöttler von der Schulklasse bis zum Wanderverein junge und erwachsene Gäste, und - weckt diese, wie schon seit Jahrzehnten, morgens mit einem Lied. 

Gleichzeitig aber erledigt sie große Auftragsarbeiten und gewinnt  Wettbewerbe: 

Erst im August 2002 wurde vor dem Rathaus der im Süden des Sauerlandes gelegenen Gemeinde Wenden die von Anneliese Schmidt- Schöttler entworfene Brunnenanlage "Brunnensäule mit Kuh, Eseln und Vögeln" eingeweiht...

In Attendorn, am nördlichen Ende des Biggesees gelegen, befindet sich dieser Rathausbrunnen, der ...

... besonders bei Kindern offensichtlich die selbe Neugier weckt, wie die Künstlerin selbst, was übrigens auch auf den folgenden Bildern deutlich wird:
In Olpe findet sich diese Bronzegruppe, die an die frühere Verwendung der Wiese als Bleichwiese erinnert: Gewaschene und immer wieder angefeuchtete Wäschestücke wurden im Sonnenlicht auf das saubere Gras gelegt, um die Wäsche zu bleichen - eine Maßnahme gegen den Grauschleier oder den Gilb also. - Übrigens soll Mondlich die beste Bleichwirkung haben. - Ob das wohl stimmt?

s.o. ...

Diese Gruppe befindet sich vor der Sparkasse 
in Finnentrop-Heggen.

Informationen:

Ein Aufenthalt in der Schmidt- Schöttler- Jugendherberge, dem dazugehörigen Gästehaus oder der angeschlossenen Ferienwohnung bietet Gelegenheit zu vielen Unternehmungen; diese seinen durch die nachstehenden Links dokumentiert:

Quellenangaben:

Sachinformationen und die Schwarzweiß-Bilder sind mit freundlicher Genehmigung von Anneliese Schmidt- Schöttler entnommen der vom Förderkreis der Jupp- Schöttler- Jugendherberge herausgegebenen Monographie Mancherlei Dasein, Finnentrop-Barmenohl 2000.
Das Foto von der Einweihungsfeier der Brunnensäule in Wenden wurde freundlicher Weise übersandt von der Gemeinde Wenden.
Die übrigen (Farb-)Fotos stammen von Dr. Wolf Lustig und dem Autor.
Alle Bilder bleiben Eigentum der Urheber.

Klicken Sie hier, wenn Sie den LeineBlick noch nicht kennen, d.h. nicht über www.LeineBlick.de diese Seite erreicht haben.

nach oben